Vom 14.-23. Februar trafen sich die Nationalmannschaften von 10 mitteleuropäischen Ländern in Apolda in Thüringen, um den Mitropa Cup unter sich auszutragen.
Ich war als Teil der Deutschen Frauen-Nationalmannschaft mit dabei und kann nur sagen: Es lief einfach richtig gut und es „regnete“ erste Plätze! Meine Mannschaft heimste den Turniersieg ein, den deutschen Männern gelang das Gleiche und ich persönlich erzielte den Brettpreis für die beste Performance am 4.Brett.
Wir, damit sind Josefine Heinemann, Jana Schneider, Hanna Marie Klek, Kateryna Dolzhykova und ich gemeint, gingen als Turnierfavorit an den Start, es gab allerdings Teams wie etwa Ungarn, Italien und die Schweiz, die ebenfalls einen Durchschnitt von über 2200 aufbrachten. Gegen eines dieser Teams, und zwar Italien, traten wir dann auch direkt in der ersten Runde an. Meine Gegnerin war WIM Tea Gueci, die eine etwas komische, aber moderne Variante gegen mein Rossolimo auspackte. Mir gelang es stetig den Druck auf ihre leicht schlechtere Bauernstruktur aufrecht zu erhalten. Als sie einen Bauern für etwas Aktivität opferte, konnte ich diesen jedoch einfach einsacken und schließlich zum Gewinn verwandeln. Da Jana und Kateryna auch gewannen und Josefine ein Remis beisteuerte, setzten wir so in der ersten Runde mit einem souveränen 3,5-0,5 Sieg direkt ein Zeichen.
Als nächster Gegner folgten die elomäßig deutlich schwächeren Österreicherinnen. Ich besiegte Katharina Katter, in dem ich hier „einfach“ meinen a-Bauern laufen ließ. 27.a4 Lxb3 28.a5 und der Bauer ist nicht zu stoppen. Jana und Hanna gewannen ebenfalls, Josefine spielte erneut Remis, sodass auch Österreich von uns überzeugend mit 3,5-0,5 geschlagen wurde.
Als nächstes standen die Schweizerinnen auf unserem Programm, die sich im Verlauf des Turniers als unsere härtesten Verfolgerinnen herausstellten. Bis kurz vor Schluss blieben sie uns dicht auf den Fersen. Unser Match endete 2-2, nachdem alle Partien Remis ausgingen. Ich hatte mir gegen Mariia Manko ein chancenreiches Endspiel erspielt, von dem ich am Brett dachte, dass es sehr gut bis gewonnen sein müsste. In der nachträglichen Analyse stellte ich jedoch fest, dass die Engine alles noch im Bereich des Ausgeglichenen ansieht. Umso weniger schlimm war dann demnach ein von mir völlig übersehener Angriffszug, der meine Gegnerin in ein direktes Remis entkommen ließ.
In der 4. Runde gegen die Slowakei setzte ich aus und kommentierte mit Katharina Reinicke zusammen die Partien auf Twitch. Das Match sah zunächst vielversprechend aus: Jana gewann schnell und Josefine hatte eine aussichtsreiche Stellung. Kurze Zeit später stand jedoch Kateryna auf Verlust. Hanna kam nicht über ein Remis hinaus. Josefine verlor schließlich ärgerlich, doch zum Glück schaffte Kateryna es, eine Festung aufzubauen und hielt Remis. Damit ging das Match also 2-2 aus.
Gegen Kroatien war das Glück auf jeden Fall auf unserer Seite: Jana, Hanna und ich spielten Remis und es sah ganz so aus, als wäre dies auch das Ergebnis bei Kateryna. Doch statt im Bauernendspiel die Stellung das dritte Mal zu wiederholen, auf dreifache Stellungswiederholung und damit Remis zu reklamieren, machte ihre Gegnerin einen anderen Zug und musste sich gegen Kateryna kurze Zeit später geschlagen geben. Also ein 2,5-1,5 Sieg für uns.
Besonders wichtig war für uns die 6. Runde gegen Frankreich, die ebenso wie die Schweiz bis hierhin punktetechnisch mit uns mitgehalten hatten.
Meine Gegnerin spielt eigentlich ausschließlich Caro-Kann mit Schwarz, packte gegen mich aber plötzlich eine Philidor-Verteilung aus. Ich überlegte mir also eine etwas ungewöhnliche Antwort, um sie aus ihrer Vorbereitung zu bringen und spielte 4.h3 und 5.g4. Damit gelang mir ein souveräner Sieg. Auch Jana und Hanna gewannen, Josefine spielte Remis, sodass es erneut ein klarer 3,5-0,5 Sieg wurde.
Bei unserem Gegner der 7. Runde, Ungarn, lief es bisher überhaupt nicht. Trotzdem war die Mannschaft stark besetzt und deshalb auch auf der Setzliste an Platz 2.
Meine Gegnerin Zsuzsanna Terbe überraschte mich früh mit 4…h6 im Italiener. Doch ich überraschte sie einfach zurück und spielte einen anderen Aufbau als sonst. Sie stürmte schnell mit 6…g5 und 8…g4 nach vorne, was schon ungenau ist, denn hier ist 10.f4 stark und der weiße Turm auf f1 steht genau richtig für einen Gegenangriff auf der f-Linie. Ich konnte meinen Vorteil relativ sicher in den ganzen Punkt verwandeln. Josefine gewann gegen die Zwillingsschwester meiner Gegnerin, Kateryna gewann ebenfalls überzeugend (übrigens mit dem witzigen 5…h5 im Sizilianer). Nur Jana musste sich dieses Mal geschlagen geben. Damit gewannen wir 3-1.
In der vorletzten Runde besiegten wir Slowenien mit 2,5-1,5. Dieser Kampf stand zwischenzeitlich jedoch ganz schön auf der Kippe. Hanna gewann zwar schnell, aber Josefine verlor und Katerynas Stellung sah ziemlich furchterregend aus. Ich war mit meiner Stellung eigentlich ganz zufrieden. Ich opferte gegen Teja Vidic einen Bauern für Aktivität, so langsam kam mir meine Aktivität jedoch abhanden. Nach einigen Ungenauigkeiten und Fehlern beiderseits in Zeitnot fand ich mich in diesem vielversprechenden Turmendspiel wieder.
Kateryna hatte ihre Partie in der Zwischenzeit wieder ins Remis gerettet, sodass ich nun mit einem Sieg den Mannschaftssieg klar machen konnte. Im Falle eines Remis würde der Kampf unentschieden ausgehen.
Für alle Leser, die an einer recht anspruchsvollen Berechnungsaufgabe interessiert sind, ist die folgende Stellung genau das Richtige: Weiß am Zug gewinnt!
Ich bin einigermaßen stolz, dass ich die folgende 17-zügige Fortsetzung bis zum Schluss korrekt berechnen konnte.
42.Ke3 Kg4 43.Kd4 Kg3 44.Ke5 f4 45.d7 Td8 (erzwungen, sonst kommt Tc8) 46.Ke6 Kxg2 47.Tc8 Txd7 48.Kxd7 f3 49.d6 f2 49.Tf8 (erzwungen, da f1=D droht) b4 50.Ke7 c3 51.bxc3 bxc3 52.d7 c2
Hier ist nochmal ein kritischer Punkt: der logische Zug 53.d8=D wäre ein fataler Fehler, da nach 53…c1=D 54.Dd5+ Kg1 Weiß keine Schachs mehr hat und als nächstes f1=D folgt. Richtig ist hier 53.Tc8! f1=D 54.Txc2+ Kg3 55.d8=D De1+ (einziges Schach) 56.Kf7 Df1+ (erneut einziges Schach) 57.Df6 und meine Gegnerin gab auf. Weiß hat einen ganzen Turm mehr und es gibt keine weiteren Schachs.
Demnach wurde es ein 2,5-1,5 Sieg für uns.
Der Turniersieg konnte uns so nur noch durch den unwahrscheinlichen Fall einer 0-4 Niederlage gegen Tschechien und 4-0 Sieges von Frankreich genommen werden. Dies trat natürlich nicht ein: Wir besiegten Tschechien mit 3-1, Josefine und Hanna spielten Remis, Jana und Kateryna gewannen. Ich setzte die letzte Runde aus, da ich mir eine ziemlich starke Erkältung zugezogen hatte.
Somit haben wir den Mitropa Cup mit 16 von 18 möglichen Mannschaftspunkten gewonnen. Wir haben kein Match verloren, nur zwei Unentschieden.
Für mich persönlich springt mit 6 Punkten aus 7 Partien ein Elo-Plus von 14 Punkten heraus.
Mit einer Performance von 2402 gewann ich damit auch den ersten Brettpreis am 4. Brett.
Das Turnier hat viel Spaß gemacht: unsere Matches, die Vorbereitung, unsere abendlichen Spaziergänge durch den Park, bei denen wir die Aufstellung für den nächsten Tag besprochen haben, das gemeinsame Kartenspielen und natürlich das Gewinnen. 😉
Viele Dank fürs Daumendrücken!
Auf meinem YouTube-Kanal „Lara’s Chess College“ werdet ihr in den nächsten Tagen die ein oder andere ausführlichere Partieanalyse sehen. Also lasst gerne schonmal ein Abo da, falls noch nicht geschehen. 🙂
Bis bald,
eure Lara
Fotos 1,3,4 und 5: Frank Hoppe
Foto 2: Katharina Reinecke
Foto 6: Klaus Jäger
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