Oktober 15, 2024

Unglaublich und wahr 

Stellen Sie sich bitte folgenden Sachverhalt vor. Sie sind Schachprofi, sind sehr erfolgreich und haben die Gelegenheit in einem Ausscheidungskampf den Herausforderer des Weltmeisters zu ermitteln. Eine reizvolle Aufgabe nicht wahr. Doch dann die Bedingungen, unter anderem als Preisgeld für den Stichkampf erhält der Verlierer 200.000 USD und der Sieger nichts. Sie glauben ich scherze, nein ist in der Tat so geschehen, genauer gesagt vor mehr als 23 Jahren, im Jahre 1998, als die Großmeister Wladimir Kramnik und Alexei Shirov die Gelegenheit hierzu hatten. 

Dabei ging man davon aus, dass der Sieger mit dem Recht, um die Weltmeisterschaft zu spielen, mehr als genug Preisgeld im Rahmen des WM-Kampfes erhalten würde, selbst dann, wenn er nicht Weltmeister werden würde. Nun der Kampf ist Geschichte, der Sieger hieß Alexei Shirov, doch der Kampf um die WM, mit Shirov als Herausforderer, angeblich mit einer Offerte von 2.000.000 USD dotiert, kam nicht zustande, denn die Kontrahenten konnten sich über die Wettkampf-Modalitäten nicht einigen. Shirov wollte unter anderem in Spanien, seiner Wahlheimat, spielen, der Sponsor hatte etwas anderes im Sinn.

Stattdessen erhielt nach langem Tauziehen der Verlierer die unverhoffte Gelegenheit und wurde, wie wir alle wissen, Weltmeister. Seitdem sind viele Frage offengeblieben, z. B. war die Höhe des Preisgeldes angemessen, wurden die Kosten für Sekundanten und andere Aufwendungen, auch für die Zeit der Vorbereitung mehr als angemessen gewürdigt. Zwar bekam Shirov nachträglich eine Entschädigung für die entgangene Ehre, den Weltmeister herauszufordern, jedoch das Verhältnis des neuen und alten Weltmeisters im Umgang mit Shirov gilt seitdem als geschädigt, wie unter anderem die Partie Kasparow vs. Shirov zu Beginn des Jahres 2001 in den Niederlanden beim Tata Steel Masters belegt. 

Anbei die erste von zwei siegreichen Partien aus dem Herausforderer-Duell. Ich wünsche viel Spaß beim Studium der Partie! 

P.S. Diese Kolumne, die 230., ist meine letzte. Ich muss aus privaten und beruflichen Gründen kürzertreten. Ich bedanke mich bei allen Lesern für die vielen Anregungen und wünsche allen Schachspielern ein frohes neues Jahr 2022. Bleiben Sie gesund! 

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