April 23, 2024

Person des Tages: GM Robert Hübner

In angenehmer Haltung am Kampfbrett: Schachgroßmeister Robert Hübner bei den „Legenden in Leiden“. | Foto: Lennart Ootes

Die größte Sensation des Interzonenturniers 1970 war der Erfolg des unbekannten Schachspielers Robert Hübner, der die Plätze 2 und 4 belegte und damit das Recht erhielt, an den Kandidatenturnieren teilzunehmen. Gleich in der ersten Partie traf Hübner auf Tigran Petrosian, der den 23-jährigen Deutschen nach landläufiger Meinung leicht hätte besiegen müssen. Der Kampf um den Sieg erwies sich jedoch als hartnäckig. Die ersten sechs Partien endeten unentschieden, und erst in der siebten Partie konnte Petrosian einen Sieg erringen, woraufhin Hübner…die Begegnung aufgab. So begann seine Karriere in der Welt des großen Schachs.

Als Philosoph und Exzentriker, Doktor der Philologie und Polyglott, der ausgestorbene Sprachen beherrschte, setzte Robert Hübner die Tradition des 20. Jahrhunderts fort, wonach Schachspieler nicht nur Sportler, sondern auch Denker und Philosophen waren. Wie Euwe konnte man ihn ohne weiteres als „Amateur“ bezeichnen, der es dennoch mit jedem Profi aufnehmen konnte.

Hübner nahm wiederholt an der Weltmeisterschaft teil. Seinen größten Erfolg feierte er 1979, als er sich im interzonalen Wettbewerb mit Petrosian und Portisch die Plätze 1-3 teilte. Im Kandidatenturnier 1979 besiegte er nacheinander A. Adorjan (5,5:4,5) und L. Portisch (6,5:4,5), verlor aber im Finale gegen Kortschnoi. Er führte, verlor aber einen Turm, unterlag in den nächsten beiden Partien und gab den Wettkampf auf. Die Nerven ließen den talentierten Großmeister oft im Stich. Hübner unternahm 1983 einen weiteren Versuch, schied aber im Viertelfinale der Kandidatenspiele aus, dieses Mal durch Losentscheid. Die Partie gegen Smyslov endete unentschieden, aber das Glücksrad war auf der Seite des ehemaligen Weltmeisters.

Dr. Hübner nahm erfolgreich an mehreren internationalen Turnieren teil. Zu seinen Erfolgen zählen Siege in Oslo und Houston, München und Chicago, Biel, Linares und Solingen. Als Mitglied des Schachklubs Solingen gewann er 1976 die europäische Klubmeisterschaft und spielte 1984 in der Weltmannschaft gegen die UdSSR. Als einer der stärksten westlichen Großmeister führte er viele Jahre lang die deutsche Nationalmannschaft an. Von Zeit zu Zeit nimmt er auch heute noch an Turnieren teil.

Hübners beste Partien sind Beispiele für eine subtile Positionierung und eine Kombination aus Strategie und Taktik, die in den goldenen Fundus der Schachkunst eingegangen sind.