Dezember 4, 2024

Deutsche Schach-Online Liga aus Sicht einer Spielerin

Zwischenbericht nach den ersten drei Runden aus Liga 6:

Da Corona den Spielbetrieb am Brett weitestgehend lahmgelegt hat, wurde das Spielgeschehen auf Online Plattformen verlegt. Unter Lichess, chess.com, playchess.de etc. gab und gibt es unzählige Spielmöglichkeiten. Bei Lichess gibt es z.B. die sogenannte Quarantäne Liga, bei der man allerdings auch als Vereinsfremder in einer Mannschaft mitspielen kann.

Der Deutsche Schachbund hat jetzt etwas ganz anderes angeboten, die Deutsche Schach Online Liga (DSOL). Die Ausschreibung findet man hier zum Nachlesen.

In Kurzform:

Jeder Verein des DSB kann beliebig viele Mannschaften melden. In einer Mannschaft können bis zu 10 Spieler in fester Reihenfolge gemeldet werden, die Spieler müssen zum Zeitpunkt der Meldung aktives oder passives Mitglied sein. Eine Nachmeldung von bis zu 2 Spielern ist jederzeit möglich, sofern noch keine 10 Spieler gemeldet worden sind. Gespielt wird auf dem Chessbase Server. Die Mannschaften werden nach dem Durchschnitt ihrer 4 stärksten Spieler in eine Reihenfolge gebracht und in Ligen und Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe besteht in der Regel aus 8 Mannschaften, die in einem Rundenturnier gegeneinander spielen. Dabei darf jeder Verein seinen bevorzugten Heimspielwochentag aussuchen, leider aber nur von Montag – Freitag und nicht am Wochenende. Die Bedenkzeit ist für Onlineschach ungewöhnlich, es wird mit 45 Minuten + 15 Sekunden pro Zug gespielt.

Der Mannschaftsführer hat hier im Gegensatz zum Offline Schach sehr viel mehr zu tun. Neben der Mannschaftsmeldung muss er bei Heimkämpfen die Spiele starten und falls ein Spieler zu spät kommt, die Zeiten anpassen. Außerdem benötigt der Mannschaftsführer auch noch eine spezielle Software, die nur unter Windows läuft, das heißt, der Kreis der Mannschaftsführer ist eingeschränkt auf diejenigen, die einen Windows Rechner haben.
Was ich total schön gelungen finde, ist die Turnierseite der DSOL. Hier werden sofort nach Beendigung der Partien die Ergebnisse aktualisiert, die Tabellen berechnet und man kann auch die Partien downloaden, dafür von mir ein großes Lob.

Auch gab es für die Mannschaftsführer ein Zoom Meeting, bei dem alles erklärt wurde, der Einsatz der Zuständigen ist echt sehr lobenswert, vielen Dank dafür.

Das Konzept klang für mich vielversprechend und so ließ ich mich für meinen neuen Verein, die SF Fallersleben aufstellen. Am 23.6.2020 ging es los, wir hatten unser erstes Spiel, ein Heimspiel gegen den SK Abensberg. Doch schon vor dem Kampf gab es bei mir Probleme, der Zugang über Chessbase zu playchess funktionierte bei mir nicht, ich bekam ständig die Meldung, dass der Kontakt zum Server abgerissen sei und das, obwohl ich noch gar nicht verbunden war. Über den playchess Client, den ich mir daraufhin runtergeladen habe, ging es dann, zumindest das Anmelden ging. Nachdem alle unsere Spieler und die der Gegner da waren, startete unser Mannschaftsführer Pascal die Partien. Und nach einigen Zügen flog ich das erste Mal aus der Verbindung. Nachdem ich mich wiederverbunden hatte, dachte ich, ich hätte verloren, aber zum Glück war das nicht so. Im Gegensatz zu normalen Partien auf Chessbase wurde die Partie nicht automatisch wieder verbunden, sondern mein Mannschaftsführer musste sie wieder starten.
An den anderen Brettern passierte auch seltsames, ein Gegner gab wohl aus Versehen auf, aber wir ließen einen Restart zu und werteten das Aufgeben als Versehen.

Leider flog ich noch des Öfteren raus und immer wieder startete mein Mannschaftsführer die Partie nach, ich bewundere seine Geduld. Mein Gegner ließ sich im Gegensatz zu mir, nicht aus der Ruhe bringen und spielte sehr feines positionelles Schach. Ich selber spielte, als ob ich keine Ahnung von dem Spiel hatte, mich haben die ganzen Probleme genervt und beeinflusst. Auch schade fand ich es, dass ich die anderen Partien nicht sehen konnte, denn es hieß, man dürfe keine anderen Fenster aufhaben (also ein Fenster schon, aber keins am Rechner), da das sonst als Cheating gewertet würde. Naja ich verlor leider die Partie. Nur unser Brett 1 und Brett 3 konnten jeweils einen halben Punkt holen, so dass wir immerhin nicht zu 0 verloren. Was für ein Einstand in meine neue Mannschaft, ich wurde doch als Verstärkung angekündigt. Ich war jedenfalls sehr geknickt, bekam aber totalen Zuspruch aus der Mannschaft, was mich wieder aufgebaut hat, vielen Dank dafür.

Wir waren wohl nicht die einzigen mit technischen Problemen, jedenfalls fiel die 2. Runde erstmal aus, weil die Probleme behoben werden sollten.
Nach dieser Pause ging es weiter mit Runde 3 (die 2. Runde wurde nach hinten verschoben).

Wir hatten wieder Heimspiel und unsere Gäste reisten aus Berlin an (naja nicht wirklich, nur virtuell). Diese Runde lief technisch etwas besser bei mir, ich hatte zwar ständig einen Reconnect, obwohl meine Internetverbindung stabil lief und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich immer wieder mehr Zeit dazubekam, vielleicht habe ich aber auch einfach sehr schnell gespielt. Das war aber nicht so gut, denn ich vergab meine vielversprechende Stellung (ein Turmendspiel mit Mehrbauer) zum Remis, aber sind nicht alle Turmendspiele Remis? Naja, jedenfalls nicht verloren. Trotzdem bleibt die Frage, warum ich dauernd reconnected wurde.
Am ersten Brett holte Sebastian Kunze einen sehr schönen Sieg, aber leider verloren unsere anderen beiden Bretter, so dass wir knapp an einem Mannschaftspunkt vorbei schrammten. Glückwunsch an den SK Kreuzberg II.

In der 4. Runde hatten wir erneut Heimspiel (durch die verschobene Runde, bei der wir Auswärts angetreten wären, passiert das nun mal), dieses Mal gegen den HSK VI. Der HSK tritt, wenn ich richtig gezählt habe, mit 10! Mannschaften an, zwei Mannschaften spielen in der obersten 1. Liga (im Gegensatz zur Schachbundesliga ist das hier möglich). Es gibt auch noch andere Mannschaften, z.B. TuRa Harksheide, die auch zwei Mannschaften in der 1. Liga haben. Da es ja online ist, können die Mannschaften ihre ausländischen Spieler problemlos einsetzen.
Ich wählte dieses Mal einen anderen Weg und loggte mich nicht über den playchess Client an, sondern über den Link der DSOL Seite, der für die Spieltage angegeben ist. Außerdem erfuhr ich, dass man sich auch ein zweites Mal als Zuschauer einloggen darf und das kein Cheating ist. Das machte ich dann auch gleich und war einmal als Spieler mit meinem Account angemeldet und einmal als Gast zum Zuschauen. Eigentlich eine tolle Sache, aber…

Obwohl ich eine Frau bin, bin ich wohl abends nicht so multitaskingfähig. Jedenfalls spielte ich mal wieder zu schnell und war während der Partie ständig beim Zuschauen bei den anderen Partien, weil mein Gegner sich richtigerweise Zeit nahm. Das wurde dann auch prompt bestraft, ich stand einfach total eingeengt. Es gelang mir aber dann, irgendwie rauszukommen und vermutlich eine Remisstellung zu erreichen. Aber es war eine sehr schwierige Stellung und man musste immer den richtigen Zug finden. Das habe ich natürlich nicht getan und hab wieder mal verloren. Zum Glück gibt es noch Mannschaftskollegen, Sebastian an 1 gewann wieder und Dieter und Hans-Martin steuerten jeweils einen halben Punkt bei, so dass wir unseren 1. Mannschaftspunkt erzielen konnten und die rote Laterne abgeben konnten aufgrund der besseren Sonneborn Berger Wertung. Während dieses Kampfes hatte ich mal ausnahmsweise keine Probleme, vielleicht weil ich den Link genutzt habe. Die Probleme hatten dieses Mal einige unserer Gegner, sie hatten massive Verbindungsprobleme.

Mir ist es jedenfalls total unangenehm, dass ich meiner total netten Mannschaft bisher noch nicht richtig helfen konnte, aber während der Woche, wenn ich vorher gearbeitet habe, spiele ich einfach sehr viel schlechter, zumindest, wenn es lange Bedenkzeiten sind, bei den kürzeren muss ich mich nicht so lange konzentrieren und kann meine Schnelligkeit ausnutzen. Auch wollte ich unbedingt nicht verlieren und war dann so verkrampft, dass ich einfach nicht mein Potenzial abrufen konnte. Aber vielleicht ist auch einfach Corona Schuld und die Ungewissheit, wie das alles weitergeht. Ich muss einfach gelassener werden und auch die Bedenkzeit besser ausnutzen.

Fazit nach 3 von 7 Runden:
Die DSOL ist eine tolle Sache, aber es gibt immer noch ein paar kleinere Probleme Einige Mannschaften haben deswegen wohl auch zurückgezogen, schade.

Einiges hätte man sicher vermeiden können, wenn man vor dem Start der Liga einen Test mit mehreren Mannschaften gemacht hätte und dabei auch unbedarfte oder mit der Technik unerfahrene User mit dazugenommen hätte + verschiedene Konstellationen (mehrere Spieler in einem WLAN Netz, Spieler mit mobilen Internet, Test unterschiedlicher Clients), aber vielleicht wurde das ja auch getestet, ich weiß es nicht. Es ist ja auch eine Herausforderung mit so vielen Mannschaften gleichzeitig zu spielen.

Respekt jedenfalls an alle, die sich um uns kümmern, seien es unsere Mannschaftsführer, aber auch die Turnierleiter des DSB machen einen sehr guten Job und investieren viel Zeit.
Unsere nächste Runde ist an einem Freitag und ich habe da zufällig 🙂 frei, so dass ich keine Ausrede mehr habe und hoffentlich besser spiele als vorher.