Mai 19, 2024

Schach und Quantenphysik – 5. Kap.: Quanten-Spielregeln (I)

 

5. Kapiel: QUANTEN-SPIELREGELN (so wie Menschen sie sehen und (miss?-) verstehen

„They behave in their own…quantum mechanical way…“ Quantenversteher Richard Feynman (1990, S. 128).

Kann man mit Quanten spielen? Klar, sie sind sehr verspielt. Halten sie sich an Regeln? Ja, ihre eigenen!

Quantenspielchen

Wir haben ja schon versucht,  die eigenwilligen Quanten ein bisschen menschenhaft (anthropomorph) zu charakterisieren: Quanten spielen mit ihrer Identität; je nach den Umständen, unter denen sie untersucht werden, imponieren sie auf andere Weise. Besonders gern spielen sie Wellen. Sie verschränken sich unsichtbar. Eines steht fest: Quanten nehmen es mit ihrem Aufenthaltsort, der Zeit, Logik (gesunder Menschenverstand) und ihrer eigenen Existenz nicht so genau. Quanten spielen normalerweise verrückt, besser gesagt, sie halten Beobachter zum Narren. Ihre fragwürdigen Existenzen stellen immer wieder neue Rätsel auf.

QUANTENREGELN

Seit etwa hundert Jahren ergründen Physiker, Philosophen und andere Denker, trotz der beträchtlichen Schwierigkeiten, die Prinzipien, Regeln und Paradoxien der quantenmechanischen Welt. Bislang haben die Forscher Einiges erkannt, wenngleich noch nicht völlig verstanden. Was sind nun – aus Menschensicht – die Gesetze und Prinzipien, nennen wir sie in unserem Kontext, die (ungeschriebenen) Spielregeln ihrer Aktivität und Existenz bzw. deren Erscheinungs- und Verhaltensweisen?

Physiker Feynman beschreibt das Grundprinzip des Quantenwesens bzw. dessen Verhaltens: „Sie verhalten sich auf ihre eigene unnachahmliche Weise, die wir mit einem Terminus technicus am besten als quantenmechanische Weise bezeichnen können. Und dies läßt sich mit nichts vergleichen, was Sie je gesehen haben“ (1993, S. 158).

Verhaltensvariation

Ein Markenzeichen von Quanten ist deren Doppelwesen / Update: Mehrfachwesen und Komplementarität, dies hat uns früher schon ausführlich beschäftgt. Die Doppelnaturplus wirkt sich auch in deren Verhalten aus: Hawking (1988, S. 228): …Teilchen können sich manchmal wie Wellen verhalten und Wellen manchmal wie Teilchen“.

UNBESTIMMTHEIT UND UNVORHERSAGBARKEIT

Es herrscht generell kein (erkennbarer) Determinismus: Das Quantenreich ist prinzipiell unbestimmbar und unvorhersagbar.

Prof. Susskind hält fest (2010, S. 143): „Der entscheidende Punkt ist natürlich, daß Dinge, die in der klassischen Physik gewiß sind, in der Quantenphysik ungewiß werden. Die Quantenmechanik verrät uns niemals, was geschehen wird; sie verrät uns die Wahrscheinlichkeit, daß dies oder jenes geschehen wird.“ Dies bedeutet auch, dass einzelne Quanten bzw. ihre Aktivitäten schwer vorherzusagen sind.[ – das kennen wir auch von den Zügen cleverer Schachspieler.]

Quanten im Chor: So soll es auch bleiben! [Sorry, they or I? could not resist!] Vermutlich wird es sich nicht vermeiden lassen, dass einige vorlaute Quanten aus meinem Gehirn in meine Gedanken durchtunneln und hier ihre Kommentare abgeben. Eigentlich gut so, sind ja auch lebende, dynamische Materie!

TUNNELN

eine weitere Quantenbesonderheit. Susskind nicht überrascht (2010, S. 523): „Tunneln? – Ein quantenmechanisches Phänomen, bei dem ein Teilchen eine Barriere überwindet, obwohl es im Sinne der klassischen Physik nicht genug Energie dafür hat.“ 

Greene erklärt: „Tunneleffekt. Phänomen in der Quantenmechanik: Objekte können Hindernisse überwinden, die nach den klassischen Gesetzen der Newtonschen Physik unpassierbar sein müßten“ (2000, S. 492).

ZUFALL UND WAHRSCHEINLICHKEIT

Unbestimmtheit, Zufall und Wahrscheinlichkeit hängen in der Quantenwelt sowie der entsprechenden Theorie zusammen. Das garantieren die Experten: „Grundsätzlich sagt die Quantenmechanik nicht ein bestimmtes Ergebnis für eine Beobachtung voraus, sondern eine Reihe verschiedener möglicher Resultate, und sie gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit jedes von ihnen eintreffen wird… Die Quantenmechanik führt also zwangsläufig ein Element der Unvorhersagbarkeit oder Zufälligkeit in die Wissenschaft ein. Einstein wehrte sich heftig gegen diese Vorstellung…“ (Hawking 1988, S. 78).

Einsteins Kritik und Zweifel werden uns weiterhin beschäftigen.

~~ Zufall ist Schwindel, meistens!?~~ – Wer war das? Gespensterwelle? Quantenspringer?

Sehr gut beschreibt Vaas den Quantenzufall: „In der klassischen Physik ist jedes Ereignis die Folge vorheriger physikalischer Zustände und somit alles Geschehen eindeutig festgelegt. Mit diesem Determinismus hat die Quantentheorie – zumindest nach der gängigen Interpretation – radikal gebrochen. Ihr zufolge gibt es Ereignisse, die keine Ursache haben und somit absolut zufällig sind… Ein Beispiel ist der Zerfall eines radioaktiven Atoms“ (Vaas 2003, S. 65).

Überlagerung, Interferenz und Wellenmuster


Wozu neigen Quanten noch? Zur Überlagerung und Interferenz: Quanten(wellen) überlagern sich häufig, dabei ergeben sich Interferenzen mit jeweils bestimmten Muster(n). Weil dies so wichtig ist, wollen wir es gleich mit den Worten vierer Experten, die sich teilweise überlagern, beschreiben lassen:


„In der Quantenphysik kann man auf wohldefinierte Weise Zustände überlagern, die die klassische Physik als vollkommen getrennt behandeln würde“ (Polkinghorne, link).


Überlagerung: „Ein Quantenzustand als Resultat zweier oder weiterer anderer Zustände…“ (Kumar 2009 S. 467) und Interferenz: „Ein typisches Phänomen der Wellenbewegung bei der Wechselwirkung zweier Wellen…“ (Kumar 2009, S. 457).


„Man spricht von der Interferenz, die bei Überlagerung, der sogenannten Superposition, von zwei oder mehr Wellen auftritt“ (Zeilinger 2005, S. 34).


Greene (2000, S. 484): „Interferenzmuster: Wellenmuster, das bei der Überlagerung und Vermischung von Wellen verschiedenen Ursprungs entsteht.“ 

Demnächst gibts weitere  Quantenspielereien.

Jetzt suche ich noch ein paar freiwillige Quanten für ein Weihnachtsquantenrätsel mit Doppelspalt-Experiment.

Dr. Reinhard Munzert