Pressemitteilung
Sehr geehrter Damen und Herren,
ich habe gestern dem Präsidenten des Deutschen Schachbundes e.V. (DSB), Ullrich Krause, meine Kandidatur für das Amt des Präsidenten des DSB beim nächsten Kongress am 12. Juni erklärt.
Schach boomt. Vincent Keymer ist jüngster deutscher Großmeister; die ehemaligen Schachprinzen Alexander Donchenko und Matthias Blübaum sind in den Top 100 angekommen. Die Netflix-Serie „Queen’s Gambit“ begeistert gerade Frauen für das Schach.
In diesem positiven Umfeld wird der DSB nach außen mit seinen Problemen wahrgenommen. Schwerpunkt der Berichterstattung in der Presse waren nicht die Erfolge, sondern die Konflikte im Leistungssportbereich. Der Leistungssportreferent und zwei Bundestrainer sind dabei verloren gegangen, und es hat nicht viel gefehlt, dass sich große Teile der Nationalmannschaften und der Kaderspieler zurückgezogen hätten. Auch die Abspaltung der Deutschen Schachjugend (DSJ) erfolgte unter starker medialer Anteilnahme. Nötig wurde sie durch persönliche Differenzen und den damit verbundenen Vertrauensverlust. Sachgründe hätten auch andere Lösungen zugelassen. Andere Probleme erreichten nicht die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, existieren aber dennoch.
Allen Problemen lag ein ursprünglich kleiner Konflikt zugrunde. Der wurde nicht erkannt, oder die Zuständigkeit für die Befassung wurde erst einmal negiert, oder die Lösung war ungeeignet. So konnten sich kleinere Probleme zu Flächenbränden auswachsen.
Lösbar wären alles diese Probleme frühzeitig durch offene Kommunikation. Leider haben sich in den letzten Jahren Fronten gebildet, die durch Personalangelegenheiten bestimmt werden. Wer mit wem spricht, wird durch die Zugehörigkeit zur einen oder anderen Seite bestimmt. Und auch die Qualität von Argumenten wird so beurteilt. Das führt immer wieder zu falschen Sachentscheidungen.
Die Unzufriedenheit mit der aktuellen Situation hat sich zuletzt beim Hauptausschuss im Dezember 2020 gezeigt. Der Etat 2021 fand noch eine Mehrheit; die Abstimmungen über Anträge zur Startfinanzierung der DSJ und zu einer Sonderprüfung im Leistungssportbereich können nur als Desaster für die aktuelle Führung bezeichnet werden. In der Politik spricht man bei solchen Niederlagen schon von einer Abwahl.
Diese Unzufriedenheit hat sich aber nicht in Personalien niedergeschlagen. Niemand war bereit, eigene Zeit, Arbeit und Nerven zu investieren, um den DSB auf einen besseren Weg zu führen. Der Abwahlantrag gegen den Vizepräsidenten Verbandsentwicklung, Boris Bruhn, auf dem Kongress 2020 zeigte die Hilflosigkeit der Opposition. Unter diesen Umständen konnte Kritik weiterhin als Querulantentum einiger weniger Störenfriede abgetan werden.
Ich empfand und empfinde diese Situation als sehr ärgerlich. Und um meinen Ärger zu überwinden, habe ich mich entschlossen, die Verantwortung auf mich zu nehmen und erst eine Mehrheit, dann einen Weg aus der Krise zu suchen.
Dafür ist es in meinen Augen wichtig, zunächst einmal den Umgang miteinander zu reparieren. Es müssen wieder alle mit allen reden können. Und es ist Aufgabe des Präsidenten, diese Kommunikation zu organisieren. Es müssen auch alle berechtigten Interessen berücksichtigt werden, unabhängig von der Person oder der Lautstärke des Vortrags. Ich verdiene beruflich mein Geld mit Kommunikation, und dieser Aufgabe fühle ich mich gewachsen. Nicht zuletzt habe ich den Vorteil, an den Auseinandersetzungen der letzten Jahre nicht beteiligt gewesen zu sein.
Dann müssen die Ergebnisse der Kommunikation umgesetzt werden. Dafür bedarf es eines Teams von motivierten Menschen, die Fachkompetenz mitbringen. Der beste Plan wird nicht gelingen, wenn er nicht umgesetzt werden kann. Schaut man in die Vereine und Verbände, wird man finden, dass die Bereitschaft fähiger Schachspieler*innen, Verantwortung zu übernehmen, überschaubar ist. Der Erfolg meiner Kandidatur wird auch davon abhängen, dass es mir gelingt, ein solches Team aufzustellen.
Auch sonst gibt es auf der Arbeitsebene genug zu tun. Der Schachboom geht am DSB vorbei, ohne dass ein Großsponsor gefunden wird. Die Digitalisierung nimmt im DSB mit DSOL und Twitch Fahrt auf; da muss aber für Vereine und Verbände mehr getan werden. Die Darstellung des DSB in der Öffentlichkeit ist Chefsache und bedarf professioneller Unterstützung. Die Liste ist nicht vollständig.
Es bedarf keiner Revolution. Die Rückkehr zu vertrauensvollem Umgang und zu handwerklich sauberer Arbeit, dazu die kontinuierliche Anpassung an die jeweilige Zeit reichen völlig aus. Auf diesen Weg möchte ich den DSB führen. Dafür bitte ich die Delegierten des DSB-Kongresses 2021 um ihre Zustimmung und möglichst viele Schachspieler*innen um ihre Mitarbeit.
Für weitergehende Informationen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Christian H. Kuhn
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Ein hervorragendes Statement von Herrn Kuhn! Ich hoffe sehr, dass er gewinnt zum Wohle des deutschen Schachsports!
Die Netflix-Serie hat in fast allen Medien Spuren hinterlassen. Selbst das Fernsehen hat über den augenblicklichen Boom berichtet. Schach ist in. Die Corona-Pandemie hat dafür gesorgt, dass viele in ihrer freien Zeit Schach für sich entdeckt haben.
Eigentlich eine einmalige Gelegenheit Gas zu geben. Doch beim DSB ist man lieber beim alten Trott geblieben. Kritik ist unerwünscht.
Es kann eigentlich nur besser werden.