Oktober 14, 2024

Schach-Olympiade: Wer hinfällt, muss aufstehen. Keymer sucht nicht nach Ausreden und spielt “anständig”. Frauen nur Remis.

 

 

Dinara Wagner 📸 Katharina Reinecke

Die Schlagzeilen taten richtig weh. “Germany Fall” titelte die FIDE auf ihrer Webseite nach der Niederlage der deutschen Männer gegen Litauen am Freitag. Der Favoriten-Sturz. Passiert auch anderen Schwergewichten, siehe heute die USA – gegen die Ukraine. Und
die deutsche Reaktion? “Aufstehen, Krone richten”, hatte der Sportdirektor des Deutschen Schachbundes und Delegationsleiter bei der 45. Olympiade in Budapest,
Kevin Högy, als Losung ausgegeben. Genau das taten die deutschen Männer sehr eindrucksvoll in Runde vier. 3,5:0,5 hieß es am Ende gegen die Mongolei. “Überraschend deutlich”, so Högy. Die Frauen konnten da leider nicht ganz mithalten. 2:2 gegen Argentinien.
Das zweite Unentschieden in Folge., “Man muss ehrlich sein: Wenn man richtig was holen will, ist das zu wenig”, sagte
WGM Josefine Heinemann: “Wir hatten ja noch keinen richtig schweren Gegner.”
“Weitgehend abgehakt” sei die Niederlage,
sagte GM Vincent Keymer, deutsche Nummer eins kurz vor Spielbeginn gegen IM Ganzorig Amartushin.
Lässig, neudeutsch gechillt, wirkte das, als die Deutschen noch ihrem Bundestrainer GM Jan Gustafsson plauderten – während die Mongolen schon etwas verkrampf am Brett saßen. Und derart tiefenentspannt kamen die Mannen um Keymer wie Phönix aus der Asche zurück. Ein eindrucksvoller Sieg. Das DSB-Kommentatoren-Team mit WIM Sonja Bluhm und IM Alexander Krastev geriet im Livestream regelrechts ins Schwärmen. “Vincent hat heute perfektes Spiel am Königsflügel gezeigt”, so Krastev. Keymer selbst gab sich ganz bescheiden: “Ach, die Gegner waren ja jetzt nicht so stark. Wenn man anständig spielt, gewinnt man solche Partien auch.”
Auch GM Dmitrij Kollars rehabilitierte sich, für die Niederlage in der zweiten Runde. “Er ist halt einfach ein Macher”, lobte Sonja Bluhm, und meinte damit: Den Mann wirft so schnell nichts um. Klare Sache gegen FM Erdene Baasansuren. Das war vorher nicht so eindeutig zu prognostizieren. Die Mongolei – brandgefährlich, weil sie ihre landesinternen Turnierergebnisse oft nicht melden. Man munkelt, um “Gegner einzulullen” mit angeblich schlechten Elo-Werten, so Högy. Die Taktik erinnert an den listigen Kriegsführer Dschingis Khan. Reichte heute aber nicht für ein bärenstarkes deutsches Team.

Vincent Keymer 📸 Katharina Reinecke

GM Alexander Donchenko remisierte gegen IM Munkhdalai Amilal, Unnötig, eigentlich, denn er stand klar besser und verpasste mehrmals die Entscheidung. GM Frederik Svane siegte gegen FM Khuyagtsogt Itgelt. Svane mit beeindruckendem Lauf. Vier Siege aus vier Partien. Da hatte Gustafsson bei der Nominierung des jungen Olympiade-Debütanten wohl den richtigen Riecher. Svane selbst aber blieb, so kennen wir ihn, bescheiden: “Natürlich freue ich mich. Aber vier aus vier ist mir nicht so wichtig – es geht um die Mannschaft.” Und da ärgere er sich immer noch über die gestrige Niederlage.

Elisabeth Pähtz 📸 Katharina Reinecke

Bei den Frauen lief es heute wieder nicht glatt. Dabei hatten sie sich so gefreut. “Endlich mal kein europäischer Gegner”, sagten alle Spielerinnen. Auch, um mal gegen Kontrahentinnen aus Übersee zu spielen, reist man ja zur Olympiade. Doch gegen die lockeren Argentinierinnen, die noch kurz vor Spielbeginn lustige Mannschaftsfotos am Brett machten, reichte es nur zu einem 2:2. “Sehr schade, da hatte ich erwartete, dass sie kurzen Prozess mit Argentinien machen”, so Högy: “Aber ich bin sicher, die Frauen fangen sich noch.”
Heute sah sich der König von WGM Hanna Marie Klek, gestern noch die einzige Siegerin im Team, irgendwann ohne Verteidigung einem wahren Sturmlauf ausgesetzt. Früh war klar: Das musste böse enden gegen WIM Maria Belen Sarqis. IM Dinara Wagner spielte gegen WIM Candela Francisco Remis. Und war mit der Punkteteteilung ebenso nicht zufrieden wie WGM Josefine Heinemann gegen WIM Anapola Borda Rodas. Immerhin die Dienstälteste lieferte voll ab: GM Elisabeth Pähtz gewann mit sehr geduldigem Spiel gegen WIM Maria Jose Campos. “Sie hat leider sehr lange keinen Fehler gemacht, war sehr, sehr zäh”, so Pähtz. Aber dann kamen im Mittelspiel die ersten nicht so guten Züge – und Pähtz machte
es wie Keymer. Ganz chillig. (mw)

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