GM Gerry Hertneck – Am Sonntag habe ich bereits verraten, dass unsere erste Mannschaft nach hartem Kampf auf dem ersten Platz der zweiten Bundesliga Ost gelandet ist. Dieser Erfolg ist umso bemerkenswerter, weil wir praktisch keine Profis in der Mannschaft haben, leicht überaltert sind, und vor allem viele einheimische Spieler einsetzen, was heutzutage in den oberen Ligen leider fast schon zur Seltenheit geworden ist. So lese ich, dass Glückauf Rüdersdorf, der Aufsteiger in der zweiten Bundesliga Nord vom ersten bis zum letzten Brett nur mit Polen besetzt ist – für mich eine missbräuchliche Ausgestaltung der Spielordnung. Diese Mannschaft kann gerne in die polnische Liga aufsteigen, aber nicht in die deutsche Bundesliga!
Doch nun möchte ich alle Spieler, die in der letzten Saison zum Einsatz kamen, also die Galerie der Stars, kurz würdigen. Hier die Mannschaft im Bild:
(v.l.n.r Frank Zeller, Gerald Hertneck, Stephan Kindermann, Sponsor Roman Krulich, Robert Zysk, David Shengelia, Valentyn Baidetskyi, Stefan Bromberger, zweiter Vorsitzender Jason B., erster Vorsitzender Berthold K., Erasmus Gerigk). Im Bild fehlen FM Falk Hoffmeyer und IM Alexander Raykhman.
An Brett 1 konnte ich GM Nigel Short bedauerlicherweise in der gesamten Saison nicht einsetzen, da er den Rücktritt vom Spielbetrieb erklärte, weil er jetzt bei der FIDE fest angestellt und viel auf Reisen ist.
An Brett 2, also eigentlich an Brett 1, setzten wir auf GM Stefan Bromberger. Nach einem etwas wackligen Auftakt spielte er in der zweiten Hälfte sehr sicher, und hielt das wichtige Spitzenbrett. Stefan steht nun schon etwas länger unter 2500 Elo, aber spielt immer noch beeindruckend auf, vor allem wenn er in „seine“ Stellungen kommt.
An Brett 3 spielt für uns GM David Shengelia, früherer Bundestrainer der Männer in Österreich und jetziger Bundestrainer der Frauen, er lebt seit langer Zeit in Wien. Er erzielte die beste Performance von allen mit 2550 Elo! Vor allem gewann er aber auch viele wichtige Partien, nämlich vier an der Zahl. Mit 6 aus 9 Punkten trug er ganz wesentlich zum Aufstieg bei. Ich hatte ihn vor zwei Jahren zu Zugzwang geholt, und ich muss sagen, das war eine meiner besten Ideen seit langem! David ist ein unglaublicher Kämpfer und man sieht ihm an, dass er sich sehr wohl in der Mannschaft fühlt.
An Brett 4 ist IM Valentin Baidetsky eingesetzt. Den Kontakt hat seinerzeit David hergestellt, denn Valentin studiert in Wien. Er steuert mit seine Elozahl auf die Schallmauer 2500 zu, und hat mit 3 Punkten aus den letzten drei Runden ebenfalls sehr gut gepunktet. Hätte er in der letzten Runde nicht gegen Jana Schneider gewonnen, hätten wir das Match gegen Regensburg verloren! Ich meine, für Valentin kann die kommende Saison eine gute Chance auf eine GM-Norm sein!
An Brett 5 findet sich unser altes Schlachtross GM Stefan Kindermann. Der gute Stefan zog in dieser Saison das schnelle Remis dem langen Kampf vor, um Kräfte zu sparen, denn er ist ja quasi im Dauereinsatz als Manager für die Schachakademie und die Schachstiftung. Aber das war dem Käptn auch recht, denn so kamen die Punkte auch rüber. Besonders schön war sein Sieg gegen den FC Bayern.
An Brett 6 sitzt der Käptn daselbst, also GM Gerald Hertneck. Auch er punktete in dieser Saison sehr gut, und gewann seine Partien meist sehr sicher. Lediglich in der letzten Runde passierte ein bedauerlicher Unfall, auf den ich weiter unten noch eingehe. Dazu musste der Käptn noch den ganzen Aufwand der Organisation schultern, aber das war kein Problem, denn alles lief in dieser Saison ganz reibungslos, vielleicht mit Ausnahme der Suche nach dem achten Mann für die Runde in Leipzig, als ein Ersatzspieler nach dem anderen absagte.
An Brett 7 spielt Feinmechaniker IM Robert Zysk. Er holte mit 7 aus 9 die meisten Punkte für die Mannschaft. Ein wahrlich beeindruckendes Ergebnis in der starken zweiten Bundesliga! Es ist immer wieder beeidruckend zu sehen, wie geduldig er kleine Vorteile nach langer Spielzeit, manchmal bis zu 6 Stunden, in einen Sieg umsetzt. Diese Kunst beherrscht definitiv nicht jeder!
An Brett 8 folgt unser Neuzugang IM Frank Zeller. Er startete sehr gut in die Saison, brach dann aber leider in der Schlussrunde mit einer Doppelnull ein, sodass er nur auf 50% kam. Doch wir freuen uns, ihn in der Mannschaft zu haben, denn mit Frank ist es immer nett.
An Brett 9 spielte IM Alexander Raykhman nur zwei Partien, obwohl ich bei ihm öfter angefragt habe. Er hat mir kürzlich mitgeteilt, dass er künftig wieder mehr Schach spielen möchte. In dieser Saison war er etwas außer Form und verlor sehr unglücklich gegen Bayern.
An Brett 10 und 11 finden sich die alten Hasen FM Falk Hoffmeyer und FM Erasmus Gerigk. Beide holten 4 aus 7, also plus 1 und waren immer zur Stelle, wenn sie gebraucht wurden. Erasmus besuchte sogar in Leipzig kurz die Raucherkneipe und wurde beim Gehen noch Zeuge eine Polizeieinsatzes in der Lokalität gegenüber. Mit ihm ist es eben immer lustig und unterhaltsam!
An Brett 12 gehe ich noch kurz auf FM Arthur Kruckenhauser ein, der heuer leider nicht zum Einsatz kam, weil ich immer genug Spieler in München einsetzen konnte. Es tut mir leid, dass es sich so entwickelt hat!
Zu guter Letzt ist noch unser Jugendbrett Edwin Heydari zu erwähnen. Er sprang kurzfristig in der Leipziger Runde ein, da andere Ersatzspieler absagten. Er gewann an diesem Wochenende zwar keine Punkte, aber dafür viel Erfahrung. Die Runde hat ihm trotzdem Spaß gemacht und er war froh, eingesetzt zu werden.
Ganz wichtig ist natürlich noch unser „neunter Mann am Brett“, CM Roman Krulich, also unser Teamsponsor, der seit vielen Jahren fest zu uns steht. Am Samstag und Sonntag ließ er es sich nicht nehmen, selbst bei den Kämpfen mitzufiebern, was nach eigener Aussage etwas nervenaufreibend war. Hier ein Bild der aufgestellten neuen Sponsorenwerbung.
Am Samstag wurden die Zuschauer übrigens durch spannende Kämpfe reich belohnt. Dieses Match gegen Passau, wo 7 Österreicher am Brett saßen (!), war wirklich sehr hart umkämpft, und das Endergebnis von 5:3 schmeichelte uns eher.
Doch am Sonntag war es besonders qualvoll, weil wir gegen Bavaria Regensburg mit 2,5 zu 3,5 im Rückstand lagen, und lange Zeit nicht klar war, ob David und Robert ihren Endspielvorteil verwerten konnten, was entscheidend für das Mannschaftsremis war. Doch dann gewann Robert gegen Goldberg wie folgt:
55…De4! und Weiß ist machtlos gegen den Plan Db1+, b3, Dc2!, b2, b1D.
Aus meiner Sicht ist unser eigentliches Erfolgsgeheimnis neben unserer Erfahrung übrigens unser gutes Mannschaftsklima. Viele spielen schon fast 10 Jahre oder länger im Team. Man kennt sich und man schätzt sich.
Doch hier nun der angekündigte Partieausschnitt, Hertneck-Kilgus, Stellung nach dem 19. Zug von Schwarz. Mir war schon klar, dass die Partie an diesem Tag nicht perfekt gelaufen war, doch nach dem „natürlichen“ 20.Te1 war sie sofort vorbei, denn Schwarz spielt genau die Drohung aus, gegen die Weiß sich verteidigen wollte! 20…e5! 21.Txe5 Txe5 22.Dxe5 und nun zeigt sich, dass nach 22…Te8 23.Df4 Te1+ 24.Lf1 Dh3! Weiß im nächsten Zug matt gesetzt wird.
Wie geht es nun für Zugzwang weiter?
Nachdem Roman am Samstag auf der Mannschaftsbesprechung erklärt hat, dass er uns auch in der ersten Liga trotz deutlich steigender Kosten weiter unterstützt, werden wir gegenüber dem DSB bzw. dem Bundesliga e.V. erklären, dass wir den Aufstieg wahrnehmen möchten. Das bedeutet natürlich auch, dass uns nächste Saison viele Reisen zu Auswärtsspielen bevorstehen. Wer weiß, ob uns die Bahn dann immer pünktlich ans Ziel bringt….. oder besser müsste man die Frage stellen: wie oft werden wir mehr als eine Stunde oder zwei Stunden Verspätung haben? Der „Stehempfang“ im Zug von Leipzig nach München ist uns noch in guter Erinnerung…
Allerdings ist sich die Mannschaft darüber einig, dass wir uns an den vorderen Brettern noch verstärken müssen, um einigermaßen in der Spitzenliga mitzuhalten, und hierzu werde ich ab sofort entsprechende Kontakte knüpfen. Welche Spieler bei uns im Fokus stehen, wird zu gegebener Zeit verkündet, nachdem eine entsprechende Vereinbarung erfolgt ist.
Hier noch ein Blick auf die Abschlusstabelle:
Und der Link auf die Mannschaftshistorie. Wie man sieht, spielten wir schon von 2016 bis 2019 in der ersten Liga!
Ich möchte abschließend auch dem Verein und dem Vorstand danken für eure stetige Unterstützung. Ihr habt oft vor Ort mitgefiebert und wir sind keine vom Rest des Vereins „abgehobene“ erste Mannschaft, und genau so soll es ja sein.
Viele Grüße
Gerry Hertneck
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