Gestern, am 30.11.24, fand die erste offizielle Deutsche Uni-Meisterschaft im Schnellschach in Berlin statt. Es war ein fantastisches Event, bei dem ich den Titel „Deutsche Uni-Meisterin“ gewinnen konnte.
Ursprünglich sollte die Meisterschaft im Senatssaal der Humboldt-Universität in Berlin ausgetragen werden. Doch dann stellte sich heraus, dass auch die Produktionsfirma von „Babylon Berlin“ den Saal für Dreharbeiten der neuen Staffel nutzen wollte. „Babylon Berlin“ buchte kurzerhand für um die 10.000€ den Ballsaal des nahegelegenen 5-Sterne-Hotels Titanic für die Schachspieler. So kam es, dass die erste Deutsche Uni-Meisterschaft in einem wahrhaft prunkvollen Rahmen stattfand.
Nun fragt ihr euch vielleicht, was ich bei der Uni-Meisterschaft zu suchen habe, erzähle ich nicht immer, dass ich Profi-Schachspielerin bin? Ja, das bin ich, ich bin aber auch Studentin. Ich studiere zusätzlich zum Schachprofi-Beruf Wirtschaftspsychologie im Fernstudium an der SRH Mobile University. Schach nimmt nach wie vor einen Großteil meiner Zeit in Anspruch. Das Fernstudium ermöglicht es mir aber trotzdem ein Studium zu absolvieren, da man zeitlich und örtlich deutlich flexibler ist als bei einem normalem Präsenzstudium und so Studium und Sport verbinden kann.
Gespielt wurden 7 Runden Schnellschach mit dem Modus 15 Minuten plus 10 Sekunden Inkrement pro Zug. Alle 130 Teilnehmer spielten in einem Turnier, es gab für den Titel „Deutsche Uni-Meisterin“ dann am Ende eine Extrawertung. Im Gesamtturnier startete ich auf dem 10. Rang, in der Frauenwertung war Antonia Ziegenfuß meine größte Konkurrentin. Zwischen uns beiden blieb es bis zum Schluss spannend.
In der ersten Runde war der Spielstärkeunterscheid sehr groß, sodass ich einen schnellen Sieg einfahren konnte.
Danach gelang mir in Runde 2 ein schöner Sieg in einem Sizilianer mit entgegengesetzten Rochaden. Hier funktionieren eine Menge Taktiken: Ich wählte Db6 mit Doppelangriff auf b2 und den ungedeckten Turm auf g1. Es funktionierte beispielweise auch der Zug Txb2+ mit dem nachfolgenden Abzugsschach e4+ oder das sofortige e4.
Diese Stellung entstand in der dritten Partie. Mein Gegner nahm im letzten meinen Springer auf d4 mit dem Turm, um in eine gute Stellung mit zwei Läufern gegen einen Turm abzuwickeln. Hier habe ich allerdings wieder einen Doppelangriff! Txd4 Txd4 Df2! Und Schwarz verliert einen ganzen Turm, da er zunächst den Bauern auf f7 decken muss.
Nun kam ich mit 3/3 Punkten gegen meinen Vereinskollegen IM Nikolas Wachinger dran. Er überspielte mich, gewann entscheidendes Material und ich fand ich mich vorerst in einer ziemlich hoffnungslosen Lage. Doch nach ein, zwei ungenauen Züge seinerseits bekam ich plötzlich wieder Gegenspiel. Es entwickelte sich eine Zeitnotschlacht, bei der wir beide nur noch auf Inkrement spielten. Mehrfach bekam ich noch Remischancen, ich nutze aber leider keine von diesen Chancen und musste mich letztendlich geschlagen geben. Nikolas landete am Ende mit 6/7 auf dem zweiten Platz.
Meine schönste Angriffspartie spielte ich in Runde 5. Hier bin ich bereits zum gefährlichen Hebel mit f5 gekommen. Mein Gegner versuchte nun mit Lc8 die Lage zu klären. Dies war allerdings eine Einladung zu f6! gxf6 Dh4. Es folgte anschließend noch der Turmschwenk mit Td3-h3 und Schwarz kann seinen König nicht verteidigen.
Das Turnier neigte ich langsam dem Ende zu. Noch zwei Runden waren zu spielen, Antonia und ich lagen mit 4/5 gleichauf.
In Runde 6 gelang es mir nicht, meinen Vorteil zu verwerten und ich musste nach einer langen Partie dem Remis zustimmen.
Antonia gewann ihre Partie, sodass ich mit einem halben Punkt Rückstand auf sie in die letzte Runde ging. Kurioserweise spielte ich in der letzten Runde gegen Antonias Schwester Larissa.
Ich spielte eine glatte Partie und nutze die schlecht koordinierten Figuren meiner Gegnerin aus.
Hier war f5 zu ambitioniert von Schwarz: Ich berechnete, dass die folgende Abwicklung für mich vorteilhaft ist: exf5 Txf5 Dg4 g6 bxc5 bxc5 Sd5.
Als nächstes hüpft mein Springer via c2 nach e3 und kontrolliert die wichtigen weißen Felder f5 und d5, während die schwarzen Figuren nicht gut zusammenspielen.
Wenig später konnte ich entscheidendes Material einsammeln: Dxf6+ (auch Dxf5 hätte funktioniert) Txf6 Txc6 1-0
Antonia hatte sich in der Zwischenzeit einen Mehrbauern erkämpft, der aber schwierig zu verwerten war. Sie musste schließlich dem Remis zustimmen.
So waren wir nach der Runde punktgleich und das Buchholz-Rechnen ging los.
Ich kam zu dem Schluss, dass ich mehr Buchholz-Punkte haben müsste. Richtig gerechnet! Ich lag am Ende mit zwei Buchholzpunkten vorne und war damit Deutsche Uni-Meisterin.
Deutscher Uni-Meister wurde GM Hagen Poetsch. Ich landete in der Gesamtwertung auf dem 8. Platz, also vor meinem Setzplatz, womit ich auch sehr zufrieden bin.
Als Pokal gab es einen Springer mit Absolventenhut. Eine tolle Idee!
Mein Bruder Lukas und ich vorm Brandenburger Tor. Lukas studiert Mathe an der Leibniz Uni Hannover und nahm auch an der Unimeisterschaft teil. Er war mit 4/7 Punkten auch zufrieden.
Auf meinem YouTube-Kanal „Lara’s Chess College“ erkläre ich euch tagesaktuell die WM-Partien zwischen Ding und Gukesh. https://www.youtube.com/@laraschesscollege
Ich wünsche euch ein schönen 1. Advent!
Eure Lara
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