Erster unter Gleichen: Großmeister Jan-Christian Schröder gewinnt die 25. Offenen Internationalen Bayerischen Meisterschaften mit 7 Punkten aus 9 Partien. Schröder führt dank bester Wertung die 14-köpfige Gruppe der Schachmeister an, die am Ende vorne stehen. Seine sieben Punkte hat der Berliner gegen einen Eloschnitt von 2462 erzielt, besser als alle Verfolger.
Mit dem 24-Jährigen gewinnt ein Nicht-Profi das bajuwarische Traditionsopen. Schröder studiert Jura, hat sein erstes Staatsexamen hinter sich und beginnt im kommenden Jahr sein Referandariat. Und er hofft, im kommenden Jahr die Zeit zu finden, weitere Turniere zu spielen. Ein Blitzinterview direkt nach dem Turniersieg:
Jan-Christian, Glückwunsch! Wann im Turnier hast du begonnen, mit dem ersten Platz zu liebäugeln?
Aber der sechsten, siebten Runde hatte ich im Blick, dass es für mich um den Turniersieg geht.
Gab es eine zentrale Partie?
Der Schwarzsieg gegen Dieter Morawietz in der siebten Runde war wichtig – und glücklich. Er hat eine sehr gute Partie gespielt und stand eigentlich bis zum Ende okay. Nach der Zeitnot hatte ich im Endspiel vielleicht ein bisschen Druck, aber seine Stellung sollte ohne große Probleme zu halten sein. Er hat dann ein, zwei ungenaue Züge gemacht, selbst danach ging es noch, aber dann hat er es sofort eingestellt. Ein glücklicher Sieg, nach dem ich mit 6 Punkten aus 7 Partien ganz vorne stand.
Deine Weißpartie gegen Korobov in der achten Runde wurde schnell remis. Ein taktisches Remis?
Schnelles Remis einfach so gibt es bei mir nicht, das wäre für mich nicht infrage gekommen. Schach ist mein Hobby, ich spiele aus Freude am Spielen und nicht, um taktische Remisen zu machen. Anton war in dieser Partie sehr gut vorbereitet, hat die ersten Züge rausgeblitzt und am Ende seiner Vorbereitung Remis angeboten. Das habe ich abgelehnt, aber dann nicht ideal fortgesetzt. Wenig später muss ich eine Zugwiederholung zulassen. Erst dachte ich, ich hätte völligen Quatsch gespielt, aber hinterher am Computer habe ich gesehen, dass zum Beispiel Michael Adams schon denselben Aufbau gewählt hat wie ich. Also war es wohl doch nicht so abwegig, aber Schwarz kann halt einfach die Züge wiederholen. Der richtige Weg ist für Menschen nicht leicht zu sehen.
Heute gegen Nisipeanu standest du laut Engine erst sehr gut, dann kritisch, und dann war es plötzlich Remis. Was war da los?
Ich hätte gegen seinen Sweschnikow mit Weiß remisieren können, aber, das sagte ich schon, das kommt für mich nicht infrage. Ich wollte gewinnen. Er hat dann ein bisschen komisch gespielt, 14…d5 erscheint mir riskant. Dafür wollte ich ihn bestrafen, indem ich auf f5 nehme und diesen Mehrbauern mit Dh5 festhalte. Die Stellung muss eigentlich gut sein für Weiß, aber so klar ist es nicht. Sein …f6, das ich provoziert habe, sieht auf Anhieb schrecklich aus. Ich hatte durchaus verstanden, dass das so schlimm gar nicht ist, aber auch darauf gesetzt, dass er in diesen Komplikationen viel Zeit verbrauchen wird. In der Schlussstellung steht Schwarz sogar gut. Wie gut, das hat er glücklicherweise nicht ganz realisiert, insofern hat sich meine Strategie verspätet ausgezahlt.
Wie ordnest du den Turniersieg ein? Dein größter Erfolg bislang?
Ein Turnier dieser Kategorie habe ich noch nie gewonnen, das stimmt. Höhere Performances hatte ich allerdings durchaus schon. Zu einem aus meiner Sicht sehr guten Turnier fehlte ein Sieg gegen Stärkere. Und das, obwohl ich gegen Safarli in Runde vier und Vahap in Runde sechs Riesenstellungen hatte. Also, es war sicher ein gutes Turnier, aber eigentlich hätte es noch besser sein können.
Würdest du dich wirklich als “Hobbyspieler” charakterisieren?
Es gibt ja auch ambitionierte Hobbyspieler. Ich wollte ausdrücken, dass es für mich nicht um Preisgeld und Turniertaktik geht. Schach macht mir Spaß, ich will interessante Partien spielen. Davon leben muss ich nicht. Wenn es mein Studium erlaubt, arbeite ich intensiv an meinem Schach, wenn nicht, dann nicht. Bei mir ist das wellenförmig. Zum Beispiel war ich für ein halbes Jahr in den USA, da hatte ich viel Zeit, mich mit Schach zu beschäftigen und zu spielen. Kurz vor dem Examen war es genau andersherum. In solchen Phasen kann es passieren, dass ich einen Monat lang kein Schachbrett sehe.
Was steht als nächstes auf dem Turnierplan?
Vielleicht die Bundesliga, das steht noch nicht fest. Ansonsten sieht es aus, als würde ich dieses Jahr kein Schach mehr spielen. Nächstes Jahr hoffentlich wieder.
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