Mai 6, 2024

Jürgen Kohlstädt über Anti-Cheating in der Deutschen Schach-Online-Liga

Anlässlich der bald beginnenden Deutschen Schach-Online-Liga (DSOL) haben wir mit Jürgen Kohlstädt, Mitglied des Anti-Cheating-Teams der DSOL, ein Gespräch zu diesem Thema geführt.

Lieber Jürgen danke, dass Du Dich für Fragen zum Thema Anti-Cheating zur Verfügung stellst! Warum gibt es bei der DSOL ein Anti-Cheating-Team?

Jürgen Kohlstädt (© Gerhard Hund)

Cheating ist leider gerade im Onlinebereich ein großes Problem. Das ist von diversen Onlineplattformen bekannt und macht somit bedauerlicherweise auch nicht vor der DSOL halt.

Was ist Cheating im Schach?

Cheaten im Schach tut, wer eine unzulässige Informationsquelle benutzt, also typischerweise eine Engine, das kann aber auch z.B. die Nutzung eines Eröffnungsbuches während der Partie beinhalten. Außerdem umfasst Cheating das Verfälschen von Ergebnissen von Schachpartien oder Schachturnieren mit unlauteren Mitteln. Das bekannteste Beispiel hierunter ist die Partieabsprache.

Wie muss man sich die Arbeit eines des Anti-Cheating-Teams bei der DSOL vorstellen?

Alle Partien werden anhand der Software von ChessBase auf Unregelmäßigkeiten überprüft. Verdachtsfälle werden manuell durch das Team genauer untersucht. Neben dieser automatisierten Ausgabe von Verdachtsfällen, gibt es noch Beschwerden, die auch bearbeitet werden.

Wie muss man sich so eine Untersuchung vorstellen?

Die Partien werden untersucht, sowohl persönlich als auch mit Hilfe von Programmen. Je nachdem wieviel Material vorliegt, werden auch Partien aus vorherigen und nachfolgenden Runden genau betrachtet. Es wird nach Systematiken geschaut, Auffälligkeiten, ob und was für Fehler gemacht werden und vieles mehr.

Wenn ihr das Gefühl habt „da stimmt etwas nicht“, was passiert dann als nächstes?

Bei einem konkreten Verdacht werden die Mannschaftsführer angeschrieben. Das muss nicht erst im Falle einer Entscheidung „diese Person hat gecheated und wird ausgeschlossen“ passieren, das kann auch schon vorher oder bei einer Unsicherheit passieren, mit dem Hinweis „passt da auf“ und dass man die Möglichkeit hat auf die verdächtigte Person einzuwirken und eine Verhaltensänderung zu bewirken. Wenn der Fall eindeutig ist, wird eine Entscheidung getroffen und anschließend sanktioniert.

Welche Sanktionsmöglichkeiten stehen euch offen?

Ermahnung, Verwarnung, Partieverlust auch rückwirkend sowie der Ausschluss aus dem Turnier.

Wie sieht das DSOL-Anti-Cheating-Team aus?

In der letzten Saison waren wir zu dritt. Ralph Alt, Martin Fischer von Chessbase und ich (Jürgen Kohlstädt). In dieser Saison werden Michael Weber aus dem Saarland und Klaus Deventer unser Anti-Cheating-Team ergänzen, dafür ist Ralph Alt dieses Jahr als Vizepräsident nicht mehr dabei. Dass wir nun vier Leute sind, ist auf jedenfall eine Verbesserung. Es wird oft unterschätzt, was für eine Arbeit das ist. Je länger das Turnier dauert, desto mehr muss sich angeschaut werden. Die Arbeit ist sehr aufwendig und umfangreich.

Hast du Tipps für die Vereine zum Thema Anti-Cheating?

Es ist auf jeden Fall sinnvoll, das Thema vor einer Teilnahme anzusprechen und alle Mitglieder zu sensibilisieren. Cheating ist ein Problem, darüber muss geredet werden. Das Thema totschweigen hilft nicht.

Außerdem ist es sinnvoll, Beschwerden nur wohlüberlegt einzulegen. Verdachtsfälle werden bereits manuell und mit dem Programm herausgefiltert. Der Großteil der Teilnehmer spielt sportlich fair, das sollten wir bei aller gebotenen Vorsicht nicht vergessen!

Vielen Dank für das Gespräch, Jürgen!

Das Gespräch hat Paul Meyer-Dunker geführt.