Nein, unbekannt ist das Bild nicht: Titelverteidiger und Rekordmeister OSG Baden-Baden in der Schachbundesliga nach zwei Runden auf einem mittleren Tabellenplatz (Position sieben). In jüngster Vergangenheit, der Saison 2021/2022, hatte ein Rückstand nach Brettpunkten schon einmal zu etwas Ähnlichem geführt (Platz sechs), aber am Ende feierte man an der Oos die Meisterschaft. Auch ein 4:4 Unentschieden gegen den Hamburger SK, das diesmal ebenfalls passiert ist, hatte der OSG in der Spielzeit 2017/2018 den Titelgewinn nicht vermasseln können.
Vincent Keymer verwickelte Frederik Svane in einen langen, komplexen Kampf, vermochte ihn aber nicht zu bezwingen – ein Faktor, der zum Baden-Badener 4:4 gegen den Hamburger SK führte. | Foto: Sven Noppes
Diesmal jedoch fühlt sich der Wind, der den Kurstädtern bereits zum Start der neuen Saison in der Schachbundesliga entgegenweht, schärfer an. Nach einem 6,5:1,5 Kantersieg gegen den SK Doppelbauer Turm Kiel in der ersten Begegnung fand man sich zwar – fast möchte man sagen: wie gewohnt – an der Tabellenspitze wieder. Gesiegt hatten Nikita Vitiugov, Alexander Donchenko, Rustam Kasimdzhanov, Michael Adams und Francisco Vallejo Pons (dem eine absolute Kuriosität gelungen war: Er erzwang in einem Endspiel mit zwei Springern gegen den gegnerischen König und den letzten seiner Bauern ein Matt, das nur in Ausnahmepositionen überhaupt möglich ist und kaum ein Schachspieler jemals in seinem Leben zu Gesicht bekommt), in der zweiten Runde folgte jedoch ein nicht ganz so überzeugendes Mannschafts-Remis gegen den SK Hamburg. Zwei Siegen (erneut Kasimdzhanov und Bacrot) standen zwei überraschende Niederlagen und zwei Remis gegenüber.
So weit, so im Rahmen des Möglichen. Aber: Der voraussehbar schärfste Rivale und selbsterklärte Mitanwärter auf den deutschen Meistertitel der neuen Spielzeit 2023/2024, der SC Viernheim hat eindrucksvoll demonstriert, aus welcher Richtung der scharfe Wind kommt, aus Südhessen. Eine ungleich stärkere Mannschaft als in den beiden Startrunden des vorigen Jahres überfuhr den ehemaligen Rekordmeister SG Solingen mit 5,5:2,5 und setzte damit eine unmissverständliche Marke. In der zweiten Runde deklassierte die Viernheimer Elitetruppe den SV Mühlheim Nord mit 7,5:0,5, während gleichzeitig die OSG über das Unentschieden gegen Hamburg nicht hinauskam. Dieses 4:4 – Ergebnis erspielte eine gegenüber dem Vorjahr fast unveränderte OSG-Mannschaft, während Viernheim sein Team personell deutlich verstärkt hat.
Dennoch besteht beim Durchschnitt der Leistungskennzahlen (Elozahlen) der beiden Dauerrivalen, die am vergangenen Wochenende angetreten sind, kein wesentlicher Unterschied. Es gibt in dieser Hinsicht also (noch) keinen eindeutigen Favoriten für diese Saison. Was allerdings aufhorchen ließ, ist der spielerische Furor, mit dem die Südhessen in den ersten beiden Runden agiert haben. Dass diese im Durchschnitt etwas jüngere Truppe als die an der Oos einen unbändigen Hunger und Willen hat, Baden-Baden endlich einmal hinter sich zu lassen, ist bei der OSG sattsam bekannt. Im Februar nächsten Jahres treffen beide Vereine in Viernheim aufeinander. Vielleicht wiederholt sich das Szenario, dass sich die Meisterschaft wieder einmal bei dieser Begegnung entscheidet.
Die zweite Mannschaft der OSG Baden-Baden hatte Heimrecht und steht in der Gruppe Süd der zweiten Bundesliga nach einer 3:5-Niederlage gegen die SF Bad Mergentheim und einem 6,5:1,5-Kantersieg gegen den SV Heilbronn zum Saisonstart auf Platz vier der Tabelle.
(Text: Walter Siemon/OSG Baden-Baden)
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