Schrödingers Schachzug (2. Teil) in der HeisenbergRealität
Verschränkung im Schach: Zuerst mental, dann real; aber ist mental nicht auch schon real?
Mit seinem Gedankenexperiment – bekannt als „Schrödingers Katze“ – verdeutlichte der Nobelpreisträger seine Einschätzung der Quantentheorie als unzureichend oder fehlerhaft.
Schrödinger hielt ja nichts von einer unklaren, verschwommenen Realität, die er in seinem Katzenexperiment darstellte. Ein unscharfer Zustand in dem eine Katze gleichzeitig tot und lebendig sein könnte.
SchrödingerRealität
Diese „Wirklichkeit“ fand Schrödinger als weltfremd. Er verstand Quantenmechanik als Beschreibung sichtbarer, beobachteter, tatsächlicher Dinge und Vorgänge, wie diese auch in der klassischen Physik beschrieben werden. – Mir hat es bei meinen Überlegungen geholfen diese Position als SchrödingerRealität zu bezeichnen.
HeisenbergRealität
Eine alternative, besser gesagt, umfassendere theoretische Einstellung betrachtet auch mögliche Entwicklungen als zur Realität gehörend. Heisenbergs „Zwischending“:
„Die mathematischen Symbole…stellen eher das Mögliche als das Faktische dar. Vielleicht könnnte man sagen, sie stellen ein Zwischending zwischen Möglichem und Faktischem dar…“ (1930-1932 / 2014, S. 71-72).
Auch was möglich ist, ist realistisch! Diese Betrachtungsweise passt natürlich ausgezeichnet zum Schach.
Figuren und Züge statt Katzenjammer
In Anlehnung an Schrödingers Gedankenexperiment versuche ich die wesentlichen Aspekte mittels des Indische Schachproblems handfest mit Figuren, Zügen und Brett darzustellen -ohne imaginäre Katzen zu beunruhigen
Indisches Schachproblem meets Quantentheorie
Meines Erachtens eignet sich das Indische Schachproblem (von Rev. H. Loveday, 1845) dazu, wichtige Konzepte der Quantentheorie zu verdeutlichen: Verschränkung, Überlagerung, Heisenbergs Zwischending und Tendenz, Wellenfunktion / Wahrscheinlichkeitswelle, ganzheitliches Zusammenwirken. Ebenso können von mir in die Quantentheorie eingebrachte Konzepte wie ProStructures, Emergentlement, determinierende Tendenz (N. Ach / Würzburger Schule), Verschränkungsmatrix usw.aufgezeigt werden.
Quantenprozesse im Gehirn
Möglicherweise entsprechen manche Prozesse der Informationsverarbeitung beim Problemlösen sogar der Quantenrealität im Gehirn.
https://www.chess-international.com/?p=70036
Was bisher geschah:
https://www.chess-international.com/?p=70531
Zur Vorbereitung auf Schrödingers Schachzug (2.Teil) in der HeisenbergRealität
Wer die obigen Beiträge nicht gelesen hat, kann gleichwohl direkt in die Thematik einsteigen:
Ich beziehe mich auf den „Inder“, in der Version, wie er als Matt in drei Zügen in Schubirz und Brinckmann (1968, S. 94-95 & 100) zu finden ist. Die Problemstellung und die richtigen Lösungszüge sehen wie folgt aus:
Weiß: König b5, Turm d1, Läufer g2 und Läufer h6, Bauer f2 und Bauer g4.
Schwarz: König e4, Springer f3, Bauer b7 und Bauer e5.
Parallele zu Schrödingers Katze
Die Ausgangslage für Beobachter und Problemlöser ist ungewiss: Noch weiss niemand, ob der Schachspieler das Problem (in einer Stunde) gelöst haben wird oder nicht.
Die Züge zum Matt:
1. Läufer h6-c1, dieser Zug ist schwer zu finden, weil er zunächst sinn- bzw. wirkungslos erscheint. Doch er ist die Weichenstellung, der kritische Zug. Wird er nicht ausgeführt, ist die Problemlösung in drei Zügen nicht möglich. – Der erfolgreiche Problemlöser jedoch sieht den Zug Läufer h6-c1 wahrscheinlich schon gedanklich in Wechselwirkung (mental verschränkt) mit seinem nächsten Zug – nachdem Schwarz gezogen haben wird.
Der nächste Zug ist also mental vorhanden! Aber noch nicht ausgeführt!
Kein Beobachter kann nun mit Sicherheit sagen, ob der Zug ausgeführt wird. Er ist wie die Katze lebend & tot oder weder tot noch lebend beziehungsweise nicht ausgeführt & ausgeführt in der HeisenbergRealität.
Ist Läufer h6-c1 ein Kandidat für Schrödingers Schachzug? Durchaus möglich, aber es gibt einen geeigneteren um Schach-Verschränkung zu demonstrieren.
Erzwungener Zug
Schwarz kann nur mit dem Bauern b7 ziehen, 1…b7-b6, der Springer ist gefesselt, der König hat kein Feld, auf dem er nicht im Schach stehen würde und kann momentan nicht ziehen.
Schrödingers Schachzug: Turm d1-d2
Der folgende Zug verdient es Schrödinger gewidmet zu werden. Hier waren zunächst im Gehirn die beiden Züge verschränkt, bevor diese auf dem Brett verschränkt werden!
2. Turm d1-d2, der Turm verstellt dem eigenen Läufer auf c1 damit die Wirkung auf Feld f4. Dieser Zug macht nur Sinn, durch den vorhergehenden intuitiv sinnlos erscheinenden Zug Läufer auf c1. Meines Erachtens kann man dazu sagen: die beiden weißen Züge und Figuren wechselwirken miteinander und sind real / faktisch verschränkt.
Zugzwang
– Jetzt kann und muss Schwarz den König nach f4 ziehen (sein einziger Zug) 2…e4-f4.
Überlagerung von Möglichkeiten
In dieser Position wird Schwarz im nächsten Zug von Weiß matt sein, falls Weiß 3. Turm d2-d4 zieht, bei allen anderen Zügen von Weiß ist Schwarz (noch) nicht matt. –
Hier sei für Quantenversteher ergänzt: Man kann nach dem 2. Zug von Weiß zusätzlich eine Überlagerung von Möglichkeiten im quantenmechanischen Sinne sehen: Je nachdem, ob Weiß Turm d2-d4 zieht oder nicht, bricht die Zustands- bzw. Wellenfunktion der Problemlösung zusammen oder besteht weiterhin.
Mattzug
3. Turm d2-d4, öffnet die Wirkungsdiagonale für den Läufer auf c1 wieder und gleichzeitig bietet der Turm auf der 4. Reihe Schach, also doppeltes Schach und matt!
Wenn man genau nachdenkt: Bei der gesamten Problemlösung fand eine doppelte Verschränkung statt: Im Gehirn / neuronalen Netzen und auf dem Brett!
Verschränkung
Schrödinger hat neben seinen Katzen-Gedankenexperient auch die Konzepte, Verschränkung, Wahrscheinlichkeitswelle, Quantensprung in die Quantenphysik eingebracht.
Wissen und Verschränkung
Interessant ist, dass Nobelpreisträger Schrödinger nicht nur Teilchen oder Körper verschränkt sieht, sondern auch unser Wissen um die jeweilige Verbindung (Wechselwirkung): „Wenn zwei getrennte Körper, die einzeln maximal bekannt sind, in eine Situation kommen, in der sie aufeinander einwirken, und sich wieder trennen, dann kommt regelmäßig das zustande, was ich eben Verschränkung unseres Wissens um die beiden Körper nannte“ (1935/1996, S. 28)
Bringen wir nun Schrödingers Aussage von 1935 mit dem von mir durch Schach angereicherten Beispiel zusammen: Es sei gestattet, dass ich die entsprechenden Figuren und Züge jeweils so 》 《 in das obige Zitat von Schrödinger einbaue:
„Wenn zwei getrennte Körper 》die Schachfiguren weißer Läufer auf h6 und weißer Turm auf d1《 die einzeln maximal bekannt sind, in eine Situation kommen, in der sie aufeinander einwirken 》nach den Zügen Läufer h6-c1 und dann Turm d1-d2《 und sich wieder trennen 》durch Turm d2-d4 《 , dann kommt regelmäßig das zustande, was ich eben Verschränkung unseres Wissens um die beiden Körper nannte“ (mit unserem Schachbeispiel angereichertes Zitat von Schrödinger 1935/1996, S. 28).
Die Verschränkung (der Figuren) beginnt im Kopf des Schachspielers bzw. Problemlösers. in welcher Wirklichkeit ist ein mentaler Zug?
Dr. Reinhard Munzert
Copyright Dr. R. Munzert 2023
Update Schrödingers Katze, Spektrum (29.4.2023) und Science
„QUANTENPHYSIK: Schrödingers Katze wiegt jetzt 16 Mikrogramm
Physiker haben einen 16 Mikrogramm schweren Saphir in eine Überlagerung zweier Schwingungszustände versetzt. Ein neuer Rekord.“
https://www.spektrum.de/news/schroedingers-katze-wiegt-jetzt-16-mikrogramm/2134377
„Wie die Arbeitsgruppe in »Science« berichtet, entspricht dieser Zustand dem Gedankenexperiment von Schrödingers Katze, die abhängig von dem Zerfall eines Atoms, das eine Giftampulle zerstört, gleichzeitig lebendig und tot ist. Solche makroskopischen »Katzen-Zustände« sollen dabei helfen, zu ergründen, wie und warum die Gesetze der Quantenwelt bei größeren Objekten in die Regeln der klassischen Physik übergehen…
Bei quantenmechanischen Objekten sind solche Überlagerungen aus klassisch unvereinbaren Zuständen üblich. Makroskopische Objekte aus sehr vielen Atomen dagegen gehorchen normalerweise der klassischen Mechanik, sie können nicht zwei widersprüchliche Zustände gleichzeitig annehmen. Ebenso wenig, wie eine Katze zugleich lebendig und tot sein kann, kann ein Kristall gleichzeitig nach oben und unten schwingen. Das große Rätsel dabei ist jedoch, warum er das im Regelfall nicht kann. Denn egal, wie groß ein Gegenstand ist, er setzt sich aus Atomen und subatomaren Teilchen zusammen, die den Regeln der Quantenphysik gehorchen..
Die Hoffnung ist, dass immer größere »Katzen-Zustände« dazu beitragen können, das Rätsel um Schrödingers Katze schließlich zu lösen. Daneben sind stabile, kontrollierbare makroskopische Quantenzustände auch technisch interessant, zum Beispiel für Fehlerkorrekturverfahren in den immer komplexer werdenden Quantencomputern.“
Gute Ergänzung zu „Schrödingers Schachzug“- Leicht verständlich?
Unser Vorteil: Schach ist griffiger, oder?
Dr. Reinhard Munzert