März 29, 2024

Die Wellenfunktion eines Schachgedankens (Erste Grundwelle)

Zur  Quantenphysik mentaler Prozesse –  auch im Schach (II)

Nach dem Quanten-Schmetterlingseffekt

Zur Quantenphysik mentaler Prozesse – auch beim Schach (I)

 

  nun ein Sprung ins Ungewisse: Die Wellenfunktion eines Schachgedankens

 

[Abbildung interferierende Wasserwellen]

 

Weltmeister Emanuel Lasker bemerkte (Lehrbuch des Schachspiels 1925 / 1977, S. 97): „Die Kombination wird im Kopfe eines Schachfreundes geboren. Viele Gedanken kommen da zur Welt, richtige und falsche, starke und schwache…einer trägt den Sieg davon über die Rivalen und setzt sich in einen Zuge auf dem Schachbrett um.“ 

Wer sich mit Quantenphysik befasst, kommt oft an die Grenzen des Wissens. Das folgende Thema beginnt auf relativ festen Grund und stolpert in mehreren Teilen immer mehr ins unbekannte Neuland.

Vorbemerkung: Auch wenn es ungewöhnlich ist, werden in diesem Beitrag  Aussagen und Zitate wiederholt, die schon in früheren Kapiteln gebracht wurden. Ähnlich wie in verschränkten Quantensystemen Informationen miteinander verbunden sind und geteilt werden, werden hier Erkenntnisse und Hypothesen aus verschiedenen Kapiteln verknüpft.  Es gibt Verschränkungen und Überlagerungen von Texten, manchmal tunneln Passagen durch zu Stellen an denen sie nicht erwartet werden. Irgendwie ist die Textgestaltung wie beim Quanteninformations-Ansatz oder wie es hinsichtlich des Physiknobelpreises 2022 lautete bei „pioneering quantum information science“.

„Wild spekulativ“ & beyond

Die Wellenfunktion der Quantenphysik auf unbewusste und/oder zielgerichtete Prozesse im Gehirn (vor allem innerhalb neuronaler Netze) zu übertragen, finde ich heuristisch sehr lohnend! Das Denken und Entscheiden von Schachspielern während der Partie damit zu analysieren scheint möglich und vielversprechend! Den geheimnisvollen Spielregeln des Quantengeschehens im Denken und Handeln von Menschen kommen wir damit vielleicht auf die Spur. 


WAHRSCHEINLICHKEITSWELLEN (WELLENFUNKTION) BEIM DENKEN

Ich will versuchen mit Schachfiguren, Schachzügen – sowie mit mentalen Prozessen in Gehirnen von Schachspielern Quanten und quantenmechanische Vorgänge darzustellen und zu verstehen – und damit evtl. für manche Menschen verstehbar zu machen. Zum Beispiel: Schachzüge als Wellenbewegungen in neuronalen Netzen von Schachspielergehirnen und als Partikel- / Materiebewegungen auf dem Schachbrett. Gedanken und konkrete Handlungen im Schach quantenartig verwoben, geht das? Spielen wir mal! Kritik und Hinweise sind willkommen!


1. Annäherung: Die Wellenfunktion eines Gedankens – Zugmöglichkeiten überlagern sich im Gehirn des Schachspielers

Zur „Wellenfunktion: Eine mathematische Funktion, die die Welleneigenschaft eines Systems oder eines Teilchens zum Ausdruck bringt. Die Wellenfunktion sagt alles aus, was in der Quantenmechanik über den Zustand eines physikalischen Systems oder Teilchens bekannt ist…“ (Kumar 2009, S. 469).

Heisenberg betont (1988, S. 283): „… die Wellenfunktion der Quantentheorie stellt das Mögliche und nicht das Faktische dar“. 

Bei der Zugwahl eines Schachspielers überlagern sich oft mehrere Gründe für und gegen einen Zug oder Plan. Ich fand es reizvoll für Auswahl und Ausführung eines Zuges die Quanten“bewegungen“ bzw. Wellenfunktionen aus der Quantenmechanik als Analogie heranzuziehen, was natürlich gar nicht so einfach ist. Die verschiedenen Zugmöglichkeiten eines Spielers / einer Schachfigur bei gegebener Position lassen sich vermutlich auch als Wahrscheinlichkeitswellen darstellen.

Ich stelle mir das bildhaft vereinfacht so vor, wie es die Abbildung 4.9 auf Seite 131 in Greene 2000 zeigt; muss noch eingefügt werdn, copyright?

Analogie oder Fakt?

Die Frage ist, ob dies als allgemeine Analogie allenfalls nützlich ist oder sich tatsächlich im Gehirn, den neuronalen Netzen eines Menschen, real etwas Ähnliches abspielt. Wir werden dies noch ausführlich diskutieren.


Beim Ausführen des Zuges auf dem Brett oder schon bei der Entscheidung des Spielers für den Zug im Gehirn, bricht die Wellenfunktion der Möglichkeiten zusammen.

 

2. Anäherung an die Wellenfunktion eines Schachgedankens

Ich habe das erkenntnisreiche Reclam-Büchlein Quantentheorie und Philosophie (Heisenberg 1979/2014) studiert und darin Die Geschichte der Quantentheorie gelesen. Ich fand dort diese einfach-brillante Beschreibung der Wahrscheinlichkeitswelle (Grundlage der Wellenfunktion): „Mit der Wahrscheinlichkeitswelle wurde ein völlig neuer Begriff in die theoretische Physik eingeführt… Sie bedeutete so etwas wie eine Tendenz zu einem bestimmten Geschehen… Sie führte eine merkwürdige Art von physikalischer Realität ein, die etwa in der Mitte zwischen Möglichkeit und Wirklichkeit steht“ (Heisenberg 2014, S. 17-18).

Das passt doch genau auf Schach! Auf die mentale (Zwischen-)Realität im Kopf eines nachdenkenden Schachspielers während der Partie. „Tendenz zu einem bestimmten Geschehen…“ und „Realität, die etwa in der Mitte zwischen Möglichkeit und Wirklichkeit steht“.

Zur Wahrscheinlichkeitsfunktion schreibt Heisenberg (im Beitrag: Die Kopenhagener Deutung der Quantentheorie, ebenfalls im Reclam-Büchlein, 2014, S. 44-45, vgl. auch S. 50-51): „Sie stellt etwa eine Tendenz zu Vorgängen, die Möglichkeit für Vorgänge oder unsere Kenntnis von Vorgängen dar.

Gedankenexperimente plus konkrete Studien sind möglich!

Der Nobelpreisträger gibt auch Hinweise für „die theoretische Deutung eines Experiments“ (2014, S. 45) und regt an, wie Gedankenexperimente zur Wahrscheinlichkeitsfunktion in drei Schritten erfolgen könnten (S. 45-47 und 53-56). Meines Erachtens bieten auch das Schach und seine Spieler gut geeignete Möglichkeiten, um dazu wertvolle Beiträge zu leisten. Wobei die Gedankenexperimente bzw. empirische Studien sogar mit möglichen und tatsächlichen Vorgängen auf dem Schachbrett bzw. in Gehirnen von Schachspielern und deren introspektiven Ausführungen (z.B. über Bewusstseinslagen und determinierende Tendenzen) angereichert werden könnten. Informationen für Wahrscheinlichkeitswellen bzw. Wahrscheinlichkeitsfunktionen können hinsichtlich der möglichen Weiterentwicklung von Positionen aus Schachdatenbanken entnommen werden. 

Wird fortgesetzt

Dr. Reinhard Munzert