April 23, 2024

Schach und Klassische Physik (2)


Woher kommen Kraft und Wirkungen der Schachfiguren?

„Das Schachspiel ist eine Synthese des Konkreten und Abstrakten“ (Djakow, Petrowski & Rudik 1927/2001, S. 52, Psychologie des Schachspiels) 

Wo steckt die Kraft der Schachfiguren? In den Steinen, in den Regeln des Schachs, in den Gehirnen der Schachspieler? In allen drei zusammen? Oder nirgends – sie ist nur eine spielerische Fiktion? Fehlt noch was?

Tarrasch, wie zitiert, bezeichnet Schachsteine als „Symbole für Kräfte“; im Lehrbuch erwähnt er (s)ein „Gesetz von der Erhaltung der Kraft auf den 64 Feldern“ (1931, S.327).

Nach Snosko-Borowsky ist den Schachfiguren die Kraft „beigelegt“. Steinnitz schreibt von powers und forces.

Denkt man erst einmal genauer über Kräfte und Wirkungen von Schachfiguren nach, dann ergeben sich interessante Fragen zu den ‚Kraftmittelpunkten‘ (Djakow, Petrowski  & Rudik 1927 / 2001).

Wie entsteht die Kraft der Schachsteine?

Wenn Sie möchten, nehmen Sie einfach eine Schachfigur zur Hand – am besten noch ohne Schachbrett – und überlegen bzw.  diskutieren Sie mit. Haben die Schachsteine nur Kraft und Wirkung, wenn mit ihnen gespielt wird? Betrachtet man Schachsteine lediglich als Symbole für Kräfte, wo entsteht dann die „wirkliche Kraft“; gibt es eine Kraftquelle? Wer legt den Figuren die Kraft bei?

Die schachliche Kraft der Figuren liegt sicher nicht im Material (Materie) aus dem sie bestehen, z.B. Holz, eher schon in der Form, aber diese ist ja (kraftloses?) Symbol. Verleiht die sprachliche Bezeichnung eines Steins – als Namen bzw. genormtes Zeichen –  durch Übereinkunft diesem Wert und Kraft?

Wenn im Figurensatz mal ein Bauer fehlt und man stattdessen einen Knopf als Ersatzbauern nimmt, dann hat der Knopf die Kraft, Möglichkeiten und Wirkungen eines echten Schachbauern. It’s magic?

Wirkungen

Sind es erst die manifesten Handbewegungen des Spielers, welche die Kraft übertragen und die Wirkungen hervorrufen?

Manche Schachspieler können ganz ohne Brett und Figuren mittels ihrer Vorstellungs’kraft‘ Schach intern sehen und Figuren mental bewegen. Viele Schachfreunde sind in der Lage, auf Papier gedruckte Stellungen oder Partieverläufe zu erfassen. Da kann man dann schon fragen, in welcher Form die Figuren existieren und deren Kraft.  Ebenso beim Spielen und Analysieren mittels Computer / Engine wo die Schachsteine als quantengenerierte Symbole auf dem Bildschirm erscheinen.

Eines steht fest: Wenn die Figur auf dem Brett/Bildschirm nicht vorhanden ist, kann sie logischerweise auch keine Kraft ins Spiel bringen und keine Wirkung erzielen. Also ist sie doch eine notwendige Komponente der Kraft!?

Anbindung der Figuren an die Spieler und vice versa: SchachNexus

Die zentrale Wechselwirkung sei kurz zusammengefasst: Die Vorgänge im Kopf der Spieler beeinflussen die Geschehnisse auf dem Brett und umgekehrt. Gibt es eine „Schachkraft“, die letztlich in unseren Gehirnen entspringt und in ständiger Wechselwirkung mit dem Geschehen auf den Feldern agiert?

Wenn zwei Dinge zusammenhängen und dies betont werden soll, wird oft die Analogie von den beiden Seiten einer Medaille bemüht. Im Fall des Schachs könnten wir von den zusammengehörenden Faktoren, Mechanismen und Phänomenen des inneren und des äusseren Spiels sprechen. Es wäre verlockend hier bereits von Verschränkung im Schach zu reden, aber ich will lieber einen anderen Begriff wählen. Den Zusammenhang zwischen Schachspieler und Figuren auf dem Schachbrett und im kognitiven Spielfeld Gehirn – einschliesslich der Schachregeln – nenne ich SchachNexus (Nexus aus dem latein. für Verknüpfung, Verkettung usw., gab es schon vor dem Gadget).

Und damit es nicht zu einfach wird, kommen sowohl im Schach als auch in der Physik Felder ins Spiel.

Liebe Schachfreundinnen und Freunde,
Ihre Sichtweise über die Schachkraft an sich und die Wirkung als solche sind wissenschaftlich interessant. Für Antworten dazu über die Kommentarfunktion oder Email:  RMunzert@t-online.de wäre ich dankbar!

Zu Schach und Klassische Physik (I):

 https://www.chess-international.com/?p=62955

 Dr. Reinhard Munzert