April 19, 2024

Wer hilft dem Schach-Wunderkind?

Yassamin Moradi kam mit ihrem Vater aus dem Iran. Jetzt braucht sie Unterstützung für eine deutsche Meisterschaft.

Zwei bis drei Mal die Woche übt die zehnjährige Iranerin Yassamin Schach. Nun will sie bei den deutschen Jugend-Einzelmeisterschaften in Willingen-Schwenningen antreten. © Anne Hübschmann

Dieses junge Mädchen hat offenbar ein Schach-Gen. Yassamin analysiert die Züge ihrer Gegner am Brett blitzschnell und findet die richtige Reaktion darauf. Zu Hause spielt sie gegen ihre Geschwister. Im Verein hat sie sich auch längst einen Namen gemacht. In der Öffentlichkeit fällt sie mit ihrem Kopftuch sofort auf und zieht neugierige Blicke auf sich.

Im Januar 2016 kam Vater Morteza Moradi mit seinen Kindern – neben der zehnjährigen Yassamin auch Yakta (12) und Amir Ali (14) – als alleinerziehender Vater nach Großenhain. Er hatte sich im Iran von seiner Frau getrennt. Ihre Familie schlug die Kinder. Weil er die hohe Ablösesumme der Scheidung – er spricht von umgerechnet 80 000 Euro – nicht bezahlen konnte und wollte, floh er mit den Kindern auf dem Landweg nach Deutschland. Erst wohnten sie im Asylheim an der Straßenmeisterei, nun im Waldviertel Kupferberg. „Die Moradis sind ein Beispiel für gelungene Integration, ich habe alle drei Geschwister im Schachtraining“, sagt Sergej Schmidt vom SV Traktor Priestewitz. „Die Kinder dieser Familie sind sehr motiviert, freundlich und extrem lernbereit. Trotz fehlender Mutter gelingt es ihnen, ihre Entwicklungsaufgaben erfolgreich zu bewältigen.“ Morteza Moradi macht mittlerweile den Aufbau-Deutschkurs B2. Er möchte als Taxi- oder Busfahrer hier ins Berufsleben einsteigen. „Seine Kinder sind vorbildliche Schüler, sowohl im Verein, als auch in der Schule“, weiß Trainer Sergej Schmidt. Yassamin (10) ist einer der besten in der Grundschule, Yakta (12) wurde vor einigen Jahren fälschlicherweise in eine höhere Altersstufe gesetzt, was sie aber trotz anfänglicher Sprachschwierigkeiten gut meistern konnte. Der ältere Bruder Amir Ali (14) geht auch in die Oberschule Kupferberg und ist sehr eifrig.

Nun hat Yassamin die Qualifikation für die deutsche Jugend-Einzelmeisterschaft im Schach erreicht. Sie wird nicht nur die Stadt Großenhain sowie ihren Sportverein, sondern auch ganz Sachsen vertreten. Doch ein Problem ist die Finanzierung. Die Meisterschaft findet acht Tage lang im hessischen Willingen statt. Rund 500 Euro kostet die Teilnahme ohne Fahrtkosten, weiß auch Sylvia Spargen von der Diakonie-Migrationsberatung. Vater Moradi übernahm seinen Anteil mit 300 Euro für das Mitspielen von Yakta und Yassamin bei den sächsischen Meisterschaften. Nun sind seine Möglichkeiten am Ende. Nur 120 Euro jährlich sind aus dem Bildungs- und Teilhabepaket pro Kind möglich. Laut Sergej Schmidt wird der SV Traktor Priestewitz die Kosten vorschießen, hätte sie aber gern wieder zurück. Aus anderen Quellen ist das nur bedingt möglich.

Vielleicht werden sogar iranische Medien auf Yassamin durch ihre Teilnahme auf Bundesebene aufmerksam. Zu Hause in der Stadt Maschhad war der Perser Immobilienmakler und hatte zwei Schuhläden. Sein Asylantrag wurde abgelehnt, dagegen klagt er zur Zeit. „Wir hoffen, dass die gut integrierte Familie ein Bleiberecht erhält, denn sie werden sicherlich unsere Grundwerte annehmen und später selbst entscheiden können, wie sie mit ihren Traditionen umgehen“, findet Trainer Schmidt. Der kam selbst als Aussiedler hierher. Yassamin hat Schach ursprünglich von ihrem Bruder gelernt. Der spielt auch Fußball, die große Schwester Handball. „Schach ist gut fürs Denken, da kann man zu Wettkämpfen fahren“, begründet die Iranerin ihr Hobby. Doch Letzteres scheitert oft aus finanziellen Gründen. Schon nach wenigen Monaten Schachtraining hatte Yassamin 2018 den zweiten Platz in der Stadtmeisterschaft erkämpft. Seitdem zeigt das talentierte Mädchen enorme Fortschritte.

Spendenangebote bitte an den SV Traktor Priestewitz.

Quelle:

Kathrin Krüger-Mlaouhia
Redakteurin

www.sächsische.de