April 25, 2024

Erdbeeren und gens una sumus

Vieles in der Welt ist wirklich seltsam. Da schaute ich – es ist Erdbeerzeit! – heute einmal nach, wann und wo denn Wimbledon übertragen werde und traf auf ein Sende-Paket des ORF, in dem Tennis vorkam und das, seltsam genug, „Silent Sports“ heißt. Silent? Scharapowa? Wohl doch ein anderer Sport. https://www.silentsports.com/

Und, warum, zum Donner, wird dort, bei den Schweigenden, nicht Schach gelistet? Mehr „Song of Silence“ als bei uns am Brett geht doch gar nicht! Das damit zusammenhängende Schweigen hat sogar ein eigenes Piktogramm erhalten; weil es gemeinfrei von Wiki ist, könnte man es eigentlich an jede Kirchen… Turniersaaltür nageln. Man kann Schweigen also bildlich darstellen. Aber war da nicht mal was mit einem, der seine Notizzettel an anderer Leute Kirchentüren nagelte …? Egal. Ich schwofte ab.

Im DSB halten die Kontrahenten bedauerlicherweise (das Publikum möchte ja doch gerne unterhalten werden) gerade eine Art Schweigegelübde ein, trotz des „tobenden“ und unverständlichen Wetteiferns darum, wer denn bald eine riesige Menge unerfreulicher und vor allem gänzlich unbezahlter Arbeit leisten und sich dabei – immerhin! – DSB-Präsident nennen darf. Seid doch froh, dass es einer für Euch machen will!

Die bekanntesten Anhänger des „isch sach heut einfach ma‘ gaaar nix“ waren die Kartäuser, die pikanterweise von Bruno von Köln gegründet wurden, wo sich aber dieses Schweige-Ding wohl bald in eine Art Gegenbewegung verwandelte

https://www.kartaeuserkirche-koeln.de/geschichte_der_koelner_kartause_.aspx ) Gerne würde man im Bereich des DSB von allen Beteiligten mehr und Besseres als als die momentanen ulkigen Anwürfe lesen, nur allzu gerne einmal Konstruktives:

Klare Konzepte, wie welchen zur Verbands-Entwicklung, Ideen zur Mehrung des DSB-Vermögens (über „leere Kassen“ wird ja zum allg. Erstaunen überhaupt nicht mehr lamentiert; wurden etwa doch endlich die Beiträge um 300% erhöht?), Gedanken zur Altersstruktur des DSB (nominell haben jetzt wohl die Senioren die klare Mehrheit, wohl auch, weil längst nicht alle Kinder & Jgdl. aus den Clubs angemeldet worden sind – klar, ist ja so schrecklich teuer …), Darlegungen, wie es mit den Nationalteams beider Geschlechter weitergehen soll, ein Konzept zum Breitenschach (das kann ja wohl nicht ausschließlich die DSAM sein), … Kurz und knapp: „Brecht dies rätselhafte Schweigen, Sire!“ [Don Carlos]

Ein bekannter altrömischer Satz lautet: „si tacuisses, philosophus mansisses“ (etwa: „Wenn Du einfach mal gar nichts gesagt hättest, hätte man dich weiterhin für einen Philosophen halten können“ – wird meistns irre, also irreführend übersetzt) und man muss befürchten, dass die Amtsbewerber lieber Philosophen als Vorantreiber des Amateurschachs sein möchten, aus dem der DSB nun mal zu 99% besteht und woher er seine Einnahmen erzielt. Viele, vielleicht die meisten Spieler an jener 99%-Basis, wissen nicht, wer amtierender DSB-Präsident ist und die haben auch noch nie einen Blick auf die DSB-Homepage geworfen (Ausnahme: Rating-Abfrage).

Das müssen sie auch nicht, denn sie sind ja gar kein Mitglied des DSB! Das sind ausschließlich die Verbände. Denen wiederum gehören die Clubs an und denen dann erst die einzelnen Spieler. Die kommen im DSB gar nicht vor, sieht man von den National-Teams ab. Klingt übel, diese eben nicht unmittelbare Zugehörigkeit, dürfte aber in allen Sportverbänden so sein und ist im DSB seit dessen Gründung so, Caissa sei Hermann Zwanzig und Max Lange gnädig. Das sollte aber nicht daran hindern, die emotionalen Bindungen zumindest der Clubs an den DSB, den Berliner Baal, herzustellen bzw. zu verstärken.

Die provinzielle Neue Dörflichkeit, nach der gerade im Club alles, was 30 km oder mehr vom eigenen Materialschrank entfernt ist, schlicht nicht wahrgenommen wird, hat jedoch längst auch im Schach Raum gegriffen. Das verstört, schließlich kennt man ja doch sehr viele Schacher, die „übern Deich wech gucken“. Viele von denen haben resigniert. „Macht Euren Kram doch alleine.“ Es ist also höchste Zeit, wieder inhaltlich zu werden, sich Gedanken über Zukunft, Geld und das Läuferopfer auf h7 zu machen – gens una sumus.

Ralf Mulde