Die zweite Turnierhälfte brachte mir meine dritte und damit letzte WIM-Norm. 😀 Nun habe ich diesen Titel in der Tasche und frage mich gerade: Welcher Titel ist eigentlich mehr „Wert“: Der FM-Titel (den ich ja schon seit 2019 habe) oder der WIM-Titel?
Ich hoffe, an dieser Frage nicht allzu lange rätseln zu müssen und visiere als nächstes WGM an.
Nach dem Free Day ging es weiter mit Runde 7. Diese lief hervorragend für mich: Meine Gegnerin, die Russin Yulia Grigorieva (2140), lief in meine Vorbereitung und entschied sich deshalb mit einer fragwürdigen Variante dem Schottischen Vier-Springerspiel auszuweichen. Ich fand am Brett die beste Möglichkeit ihr Gambit zu widerlegen und gewann in der Eröffnung einen Bauern. Letztendlich verwertete ich den Mehrbauern ungewöhnlicherweise in einem Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern.
In dieser Stellung durchbrach ich mit b4 die schwarze Festung am Damenflügel, wonach mein a-Freibauer mit der Unterstützung des Königs durchläuft.
Nachdem einmal ich und einmal meine Gegnerin die Chance auf einen kleinen Vorteil ausgelassen hatten, war die Stellung so geschlossen, dass kein Bauernhebel mehr möglich war und eine fast komplette Symmetrie entlang der Diagonalen a1-h8 entstand. Das logische Ergebnis war also Remis.
Das bedeutet für mich: Ich habe meine dritte WIM-Norm schon nach 8 Runden sicher und bin damit ab jetzt (offiziell ab dem nächsten FIDE-Kongress) WIM. Meine erste WIM-Norm erspielte ich beim Lüneburger IM-Turnier 2019 und die zweite bei der Weltmeisterschaft U18w in Mumbai 2019.
GM Olga Girya (2425) aus Russland hieß meine nächste Gegnerin. Auch sie überraschte mich eröffnungstechnisch schon im ersten Zug. Ich gelang mit Weiß schnell in ein leichter schlechteres Endspiel. Nicht gerade ein Eröffnungserfolg, ich rettete die Partie aber mit einigen genauen Zügen ins Remis.
In den letzten beiden Runden ging mir jeweils mit Schwarz gegen IM Gunay Mammadzada aus Azerbaijan (2460) und IM Irina Bulmaga (2413) leider die Luft aus. In der Partie gegen Gunay Mammadzada opferte ich in der Eröffnung eine Qualität für gute Kompensation, übersah aber im entscheidenden Augenblick einen Durchbruch, der die Linien für ihre Türme öffnete. Gegen Irina Bulmaga erreichte ich eine ausgeglichene Stellung, obwohl ich in ihre Vorbereitung gelaufen war. Dann übersah ich aber einen Turmschwenk mit Mattangriff, der mich eine Figur kostete. Zwei Niederlagen in den letzten beiden Runden waren sehr ärgerlich, auch wenn es gegen starke Gegnerinnen war.
Ich bin trotzdem zufrieden mit meinem Turnier, habe ein nettes Elo-Plus und gegen so viele Titelträger wie noch nie zuvor auf einer Meisterschaft gespielt: eine GM, sechs IM, eine WGM und eine WFM.
Europameisterin wurde die Armenierin GM Elina Danielian vor IM Iulija Osmak aus der Ukraine und WIM Oliwia Kiolbasa aus Polen. Die Siegerehrung fand am Abend nach der letzten Runde im umgebauten Spielsaal statt. Dort konnte ich mir auch meine Norm abholen.
Mir hat die Meisterschaft sehr gefallen: Ich war insgesamt zufrieden mit meinen Partien und Ergebnissen, aber auch das „Drumherum“ stimmte. Der schicke Spielsaal, ein schönes Hotel und eine tolle beeindruckende Innenstadt trugen zum Wohlfühlen während der Meisterschaft bei. Für das gute Feeling vor den Partien habe ich übrigens immer dieselben Methoden: Ein frühes Frühstück, vormittags Vorbereitung, aber auch Spaziergänge durch die Stadt, ein frühes leichtes Mittagsessen, Wiederholen der Vorbereitung, direkt vor der Partie einen Smoothie trinken, gute Musik hören und mindestens 20 Minuten vor Partiebeginn im Spielsaal sein.
Auch bei dieser Meisterschaft galten die typischen Regeln zur Verhinderung von Cheating: keine Uhren, keine eigenen Stifte, Abscannen vor Betreten des Spielsaals mit dem Metallscanner sowie ausführlichere Kontrollen von fünf zufällig ausgewählten Spielerinnen pro Runde.
Meine Rückreise verlief, anders als zwischendurch gedacht, so wie geplant. Aufgrund der Verspätung des Fluges von Iasi nach Wien, sah es zunächst so aus, als würde ich meinen Anschlussflug nach Hannover verpassen. Da dieser aber auch eine Verspätung hatte, klappte doch alles problemlos.
Morgen Abend (Montag, 23.08.) um 20 Uhr gibt es meinen nächsten Stream auf dem Twitch-Kanal „Frauenschachexperten“, bei dem ich euch einige interessante Momente in meinen Partien der letzten drei Turniere zeige. Ich freue mich darauf, wieder zu streamen und hoffe, dass ihr mit dabei seid!
Wir „sehen“ uns im Stream,
eure Lara
eine Homepage: www.laraschulze.de
Twitch-Kanal: https://www.twitch.tv/frauenschachexperten
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