April 25, 2024

Gibraltar-Rückblick: Artemiev, Karthikeyan, etablierte Spieler (und Deutsche)

Zugegeben, dieser Beitrag ist reichlich spät, dabei aber vielleicht „zeitlos“. Gut möglich, dass wir vom alleinigen Sieger Artemiev noch mehr hören werden. Beim ziemlich überraschenden alleinigen Zweiten Karthikeyan – wie Artemiev 20 Jahre alt oder jung – kann es aus meiner Sicht sein, dass dies auch in 20 weiteren Jahren nach wie vor das „Turnier seines Lebens“ ist. Aber das wird die Zukunft zeigen.

Dahinter dann etabliertere Spieler, die – auch wenn das hier und da behauptet wurde – nicht unbedingt enttäuschten: die in der Setzliste ganz vorne plazierten Vachier-Lagrave, Aronian, So, Yu Yangyi und der Gibraltar-erfahrenste Nakamura haben drei bis sechs Elopunkte verloren, mehr nicht. Also an sich kein schlechtes Turnier, dabei eben auch kein gutes.

Noch weiter hinten die deutschen Teilnehmer: von den Großmeistern haben Alexander Donchenko und Rasmus Svane ihren Platz in der Setzliste ziemlich genau bestätigt (im Gegensatz zu Naiditsch, der mal für Deutschland spielte), Kunin und Sprenger schafften selbiges nicht. Positiv überraschte IM Dennes Abel, das hatte (aktuell auf dem Schachticker bereits erwähnte) Konsequenzen. Die deutschen Damen landeten erwartungsgemäss in der unteren Hälfte der Abschlusstabelle, bis auf Filiz Osmanodja noch weiter unten als nach Elo erwartet. Die insgesamt hundertsiebenundzwanzig verlorenen Elopunkte „bekam“ zu etwa zwei Dritteln Josefine Heinemann, den Rest teilten sich Filiz Osmanodja, Judith Fuchs und Sarah Hoolt (die als einzige der vier von K-Faktor 10 profitierte). Zurück zu den Herren: aus Deutschland waren noch ein FM und drei titellose Spieler in Gibraltar dabei.

Zurück zu den weltweiten Damen: finanziell am erfolgreichsten Tan Zhongyi, am überzeugendsten Mariya Muzychuk – Zufallsprinzip oder Ungerechtigkeit des Schweizer Systems. Natürlich haben noch mehr versucht, Damen-Geldpreise zu ergattern: da es deren fünfzehn gab, waren einige auch erfolgreich. Bei den Herren auch fünfzehn Geldpreise.

Nun erst der Endstand noch ohne (pseudo-)deutsche Namen: Artemiev 8.5/10, Karthikeyan 8, Vitiugov, Howell, Anton Guijarro 7.5, Navara, Grandelius, Lalith, Le Quang Liem, Saric, So, Yu Yangyi, Vachier-Lagrave, Adams, Alekseenko, Nakamura, Edouard, Mamedov, Eljanov, Melkumyan, Matlakov, Tan Zhongyi 7, usw. . Wertungsbeste von vielen mit 6.5/10 war Mariya Muzychuk vor Levon Aronian, unten in dieser großen Gruppe mit Donchenko auch ein deutscher Teilnehmer. Rasmus Svane hatte nach TPR ein klar besseres Turnier, dabei noch einen halben Punkt weniger. Finanzielle Konsequenzen hat es in diesem Bereich der Tabelle keine, Elo-Konsequenzen hat es. Dass Tan Zhongyi weiblich ist, hat in Gibraltar pfundige Konsequenzen: alle siebzehn auf dem geteilten sechsten Platz bekamen etwa 1300 britische, die Chinesin bekam zusätzlich 15.000.

Nun erst der übliche Foto-Disclaimer: alle Fotos ab Turnierseite auf Flickr, fotografiert haben John Saunders (steht dann auf dem Foto) und David Llada. Diesmal zeige ich nur Spieler(innen), die relativ zur eigenen Elozahl überzeugten – jedenfalls bis zu gewissen Zeitpunkten im Turnier. Bekannte(re) Namen nur zusammen mit diesen, und ein paar Ausnahmen zu dieser Regel gibt es auch. Zunächst die ersten fünf im Turnier: Artemiev hatte bereits das Titelbild aber kommt nun noch dreifach:

Eines kann er vielleicht noch nicht besonders gut: Englisch – die Sprache, nicht die Eröffnung. Aber auch das ist Übungs- und Erfahrungssache, in diesem Turnier hatte er Gelegenheit dazu. Sein Turnier war zweigeteilt: zunächst 4.5/5 gegen Elo maximal 2604, dann den Umständen entsprechend mindestens vergleichbare 4/5 gegen Elo über 2700. Zur zweiten Phase Bilder und teilweise Worte:

In Runde 6 Remis gegen Vachier-Lagrave, danach hatte er wieder Weiß und machte es (noch) besser:

Runde 7 Artemiev-Nakamura 1-0! Nakamura wurde vielleicht mit seinen eigenen Waffen geschlagen – ruhige Flankeneröffnung und dann doch mit weiteren Bauern auf die vierte Reihe: 19.g4 nach 2.g3, 20.e4 nach 8.e3. Schwarz wollte dann trickreich einen Bauern gewinnen und hat sich dabei selbst ausgetrickst: der Bauerngewinn war vorübergehend, der weisse Königsangriff permanent und partieentscheidend. Im 30. Zug hatte Nakamura noch eine Computerchance für Fast-Ausgleich – da er sie nicht nutzte gab er einen Zug später auf.

Runde 8 Aronian-Artemiev 1/2 mal ohne Foto, dann sein nächster Streich:

Runde 9 Artemiev-Navara 1-0: Das weisse Qualitätsopfer im 20. Zug kann man wohl als kreativ-spekulativ bezeichnen – Engines gefällt es nicht, aber Navara sagte „aus menschlicher Sicht jedenfalls spielbar“. Das schwarze Qualitäts-Rückopfer im 25. Zug gefällt Engines auch nicht – ab hier hatte Weiß klar Oberwasser, schwarze Gegenspiel-Versuche konnte er locker abfedern. Nach 37 Zügen gab Navara auf: derzeit hatte er im Turmendspiel nur einen Bauern weniger, aber weitere waren Fallobst. Dass Navara am Spitzenbrett spielte bedeutet natürlich, dass auch er zuvor ein gutes Turnier hatte.

Paarungen der letzten Runde vorne Yu Yangyi(7) – Artemiev(7.5) und Karthikeyan(7) – Vachier-Lagrave(7), alle anderen (u.a. Aronian, Nakamura und Navara an den drei nächsten Tischen) waren aus dem Rennen um den Turniersieg bereits ausgeschieden. Artemiev reichte ein Remis für jedenfalls einen Stichkampf um den Turniersieg, die drei anderen brauchten einen Sieg sowie eventuell das „richtige“ Ergebnis nebenan. Yu Yangyi war nach Elo leicht favorisiert und hatte Weiß, MVL war klarer Elo-Favorit und hatte Schwarz. Zuerst das Spitzenbrett, mit Bilderserie:

Yu Yangyi schaute vorher auf Artemievs Namensschild, vielleicht auch sein Gruß an den frühpensionierten Vlad Kramnik: der machte derlei beim Katar Open mal ständig, in der entscheidenden Turnierphase zeigte ihm Giri sein Namensschild lachend, unaufgefordert und freiwillig. In der Eröfnung sagte Artemiev „Caro kann ich“ – er spielt es gegen 1.e4 seit November 2017, zuvor fast nur Sizilianisch. Es stimmte bedingt, aus der Eröfnung heraus stand er leicht verdächtig. Aber für Yu Yangyi ging es dann nicht so recht weiter, vielleicht auch weil er unbedingt gewinnen wollte landete er (drittes Foto) in einem schlechten Turmendspiel. Turmendspiele sind nicht immer remis, hier reichte Schwarz ein Mehrbauer für (viertes Foto) den vollen Punkt. Das hatte Konsequenzen für Artemiev: Turniersieg, noch ein Interview und ….

Er posierte auch mit Tania Sachdev, und/oder umgekehrt. Beide sind übrigens verheiratet, Artemiev seit einigen Monaten. Soviel zunächst zu Artemiev.

Murali Karthikeyan, wer ist das denn? Er war Nummer 49 der Setzliste und hatte Grund zu guter Laune. Anfangs lag er gleichauf mit Nakamura und Yu Yangyi, und das war eher keine gute Nachricht: alle drei begannen mit zwei Remisen gegen nominell klar unterlegene Gegner(innen). Das galt übrigens auch für Matlakov, der zu Beginn gar dreimal remisierte – das dritte Mal, weil er FM Hedman in (jedenfalls für Computer) glatt verlorener Stellung Remis anbot und der Gegner einverstanden war. Deshalb erwähne ich Matlakov nicht, aber gleich spielt er eine Rolle:

Karthikeyan gewann danach fast alle Partien, vor den drei letzten Runden dachte er vielleicht jeweils „hmmm, starke Gegner“ und hinterher dann „mmm, hat gut geschmeckt“. Er besiegte Mamedov, Matlakov und dann auch noch MVL, nur zur letzten Partie ein Foto:

Der Franzose spielte Najdorf – macht er ja oft bis immer, hier war es das Abspiel mit 6.Le3 Sg4. Später brauchte Karthikeyan im 11. und 12. Zug viel Zeit für nicht völlig unbekannte aber seltene Züge, und dann passierte was manchmal auch starken und in dieser Eröfnung erfahrenen Spielern passiert: Schwarz erlitt mit Najdorf Schiffbruch.

Wie gesagt, ab Runde 3 gewann Karthikeyan fast alle Partien: einmal verlor er gegen einen 2700er, dessen Name statt mit Ma mit Na beginnt, das war wohl der Grund. Gegen Nakamura lag es nicht am experimentellen 6.Ld3 gegen Najdorf, aber später übersah er eine kleine Taktik. Am Ende waren drei schwarze Bauern besser als vier weisse, neben Quantität zählt ja auch Qualität: weisse Bauern auf a2, b2, b3 und (sicher blockiert) e6, schwarze nicht blockiert auf f4, f2 und g3 – mit noch Türmen auf dem Brett waren auch ungleichfarbige Läufer kein Remisfaktor. Das war eine gute Nachricht für Nakamura, schlechtere waren die Niederlage gegen Artemiev und ansonsten einige Remisen zu viel.

Kürzer und knapper zu den drei nächsten Spielern, alle Gibraltar-erfahren:

Nikita Vitiugov teilte Platz drei und hatte gegenüber Howell und Anton Guijarro auch die klar bessere TPR. Dabei ist er im Turnierverlauf kaum aufgefallen: maximal Brett 6, kein einziger Gegner mit Elo über 2700 – der stärkste war Ivan Saric (2690). Die beiden anderen standen in der Schlussrunde im Rampenlicht, da sie nominell überlegene Gegner mit Schwarz besiegten, jeweils mit deren freundlicher Hilfe:

David Howell erst individuell und dann zusammen mit …

Levon Aronian. Schon vor der letzten Runde war klar, dass der Armenier seinen Vorjahrestitel nicht verteidigen würde, heraus kam Platz 24. Auch hier Caro-Kann, von Aronian dann 3.exd5 cxd5 4.Ld3 – nicht ganz ungiftig, aber sein Figurenopfer im 11. Zug war schlicht und ergreifend inkorrekt. Howells Turnier insgesamt: anfangs mässige 2/4 (Niederlage gegen einen gewissen IM Bilguun), dann bis auf ein Remis gegen Nakamura in der vorletzten Runde nur noch Siege. Dabei machte er es besser als (das kommt noch) Alexander Donchenko: in Runde 5-7 3/3 gegen Zhukova, Lei Tingjie und Humpy Koneru. Dieses Jahr hat sich, soweit mir bekannt und auch das kommt noch, nur ein Spieler über zu viele weibliche Gegnerinnen in Gibraltar beschwert.

Von David Anton Guijarro, der in Gibraltar oft über seinen nominellen Möglichkeiten spielte, nur ein Foto – sein „Streich“ in der letzten Runde wurde offenbar nicht fotografisch dokumentiert. Hier erst die Vorgeschichte: Auch er begann mit recht mässigen 2.5/5, dann drei Siege gegen Pogonina, Stefanova und Landsmann Pepe Cuenca sowie ein Remis gegen Vitiugov. Im Interview nach der letzten Partie sagte er „morgen habe ich wohl Schwarz, dann hängt es davon ab ob der Gegner etwas riskiert“. Es lief nach Wunsch: er wurde heruntergelost, d.h. sein Gegner brauchte für (etwas) Preisgeld einen vollen Punkt. Es war Arkadij Naiditsch, der wild auf Angriff spielte und ausgekontert wurde. Die Schlusstellung war hübsch: zwei freche schwarze Springer auf d3 und e2, neben -SxDc3 drohte auch -Dxf2#, 28.De1 verhindert beides aber auch dann steht der schwarze Gaul auf d3 „richtig“.

Für 7.5/10 bekamen die Herren Vitiugov, Howell und Anton Guijarro jeweils 11.000 GBP, für 7/10 (und schlechteste Wertung) bekam eine Dame 15.000 GBP:

Tan Zhongyi war die glückliche, dank Schwarzsieg gegen GM Indjic in der letzten Runde:

Vor ebendieser war es ein Dreikampf zwischen zwei Nachnamen, weitere Damen mit einem halben Punkt Rückstand in Lauerstellung.

Mariya Muzychuk hatte am Ende 6.5/10 (TPR 2718) gegenüber 7/10 (TPR 2585) für Tan Zhongyi. Was hatte sie zuvor richtig gemacht? Reihenweise Remisen gegen starke bis sehr starke GMs (Aronian, Saric, Eljanov, Adhiban und der relative Elo-Fremdkörper Moussard) und ein voller Punkt

gegen den ebenfalls klar elobesseren Hrant Melkumyan. Zur Belohnung gab es danach ein Interview:

Was machte sie in der letzten Runde falsch?

„Nur“ Remis gegen GM Jumabayev, wobei sie damit durchaus gut bedient war. Schon im Mittelspiel (Najdorf mit 6.Lg5, siehe Foto) konnte sie Schiffbruch erleiden, wenn der Gegner statt des kreativen 22.-Ke7 das logische, hier allerdings optisch riskante 22.-0-0 gespielt hätte. Der Unterschied: bei Fortsetzung analog zur Partie wäre LxTd8 kein Schachgebot. Später wickelte sie ab in das theoretisch remise Endspiel Turm gegen Turm, f- und h-Bauer – theoretisch remis, praktisch mitunter verloren, auch Aronian verlor es mal gegen Kramnik. Und auch Mariya Muzychuk landete in einer Verluststellung, aber Jumabayev gab das Kompliment zurück.

Schwesterherz Anna war ebenfalls noch im Rennen um den Damenpreis, unterlag allerdings

Rauf Mamedov und musste dadurch Damen-Platz drei noch mit vielen anderen teilen. Eine günstige Ausgangsposition hatte sie dank

Sieg gegen Stefanova tags zuvor.

In diesen Partien ging es um viel Geld, zwei Partien der Schlussrunde „fotografiere“ ich noch:

In der A-Klasse war bei Alekseenko-Adams die Remisbreite vielleicht nie wirklich überschritten, auch wenn der Russe vorübergehend im Schwerfigurenendspiel zwei Mehrbauern hatte. Für Alekseenko schien nach Sieg gegen Naiditsch in Runde 8 mehr drin im Turnier, aber postwendend verlor er tags darauf gegen MVL. Adams spielte, wie einige seiner Kollegen, etwas zu oft Remis für hoch vier- bis fünfstelliges Preisgeld.

Navara war nahe dran am Sieg gegen Melkumyan, aber auch das wurde Remis. Im Läuferendspiel hätte 61.a4 (entfernter Freibauer!) gewonnen, 61.axb4 (Mehrbauer behalten) war dagegen nur remis. Im Gegensatz zu Shankland in Wijk aan Zee wusste Melkumyan, dass er am Ende eine Remisfestung hat – ob er Tata Steel Chess verfolgt hatte oder es ohnehin wusste, dazu kann ich nicht recherchieren.

Nun eine Bildergalerie mit Spieler(inne)n, die teils noch nicht erwähnt wurden, zumindest zeitweise über ihren Möglichkeiten und/oder an den vordersten Brettern spielten:

Alekseenko hatte ich bereits. Nils Grandelius besiegte u.a. Wesley So und pirscht sich an Elo 2700 heran, letzteres gilt auch für Ivan Saric (auf der leicht unerwarteten Habenseite Remisen gegen Navara, Vitiugov und Aronian). D Gukesh (*2006) ist demnächst auch offiziell der aktuell jüngste Großmeister, sicherheitshalber erzielte er in diesem Turnier eine weitere GM-Norm. Wer ist Jonathan Chen? Mir ist er ein Begriff, da er 2018 in seiner Amateurgruppe in Wijk aan Zee mit 9/9 abräumte. Nun hätte er dort auf höherem Niveau spielen können (wohl einige Grupppen höher, da er seine Elozahl zwischenzeitlich deutlich verbessert hat) aber bevorzugte Gibraltar. 2.5/8 war für den jungen Amerikaner (*2007, Elo vor dem Turnier 1884) ein gutes Ergebnis, zu Beginn zwei Remisen gegen IMs. Dazu kam noch ein bye und ein kampfloser Sieg in der letzten Runde.

Zwei standen anfangs im Rampenlicht und später nicht mehr: Khademalsharieh begann mit 4/5, daraus wurde 4.5/10 (der halbe Punkt in Runde 7 gegen „bye“). Eines ihrer großmeisterlichen Opfer zu Beginn des Turniers wird noch erwähnt. Der Nigerianer Kolade Onabogun begann mit 2/2, daraus wurde 3.5/9 (zur letzten Runde trat er nicht mehr an). Auch nach einer Niederlage in Runde drei gab er ein Interview, schliesslich hiess sein Gegner Maxime Vachier-Lagrave – das hatte er sich durch zwei Siege gegen GMs mit Elo 2500+ (Valentin Dragnev und Sipke Ernst) verdient.

Babu Lalith war an 55 gesetzt und wurde nach Wertung Achter. Er weigerte sich einfach, gegen 100 bis 200 Punkte elobessere Spieler zu verlieren und besiegte außerdem Cheparinov und Indjic. Hou Yifan liess sich dieses Jahr vertreten, CM Zuo Yifan (*2005) machte seine Sache mehr als ordentlich auch wenn ihm am Ende etwas die Puste ausging.

Und nun aus deutscher Sicht, international registriert wurden die nun gezeigten Spieler nur sporadisch, und die Spielerinnen wohl gar nicht:

Alexander Donchenko fiel am ehesten auf

mit einer Niederlage gegen Khademalsharieh. Benoni (siehe Foto) ist eine schlechte oder schlecht interpretierte Eröffnung, wenn Weiß später vorteilhaft das typische e4-e5 spielen kann. Tags darauf unterlag er dann

Lei Tingjie, und weitere weibliche Gegnerinnen bekam er nicht. Die vielleicht erhofften starken Gegner (Elo 2650 oder mehr) bekam er gar nicht, im Gegensatz zu Rasmus Svane.

International fiel er auf, da Nakamura sich nach der Niederlage tags zuvor gegen Artemiev an ihm abreagierte. Außerdem verlor Svane gegen Naiditsch und Adams, gegen So wurde es remis. Wesley So spielt dabei oft remis, sein Stil eignet sich eher für Superturniere. Aufgefallen ist er vielleicht auch in der letzten Runde:

Seine Partie gegen den Spanier GM Arizmendi war wohl die letzte noch laufende, jedenfalls innerhalb der Liveübertragung. Nach hundertfünfunddreissig Zügen war zwei Leichtiguren gegen Turm (bzw. am Ende König und Springer gegen König) remis, die Abschlussfeier konnte beginnen.

Am ehesten positiv aufgefallen ist

Dennes Abel (rechts) – durch das Remis in Runde 9 gegen Aryan Tari war die GM-Norm bereits in trockenen Tüchern, trotz abschliessender Niederlage gegen Gawain Jones ist es offenbar auch eine Norm über 10 Runden. Insgesamt 4/8 gegen großmeisterliche Gegner – wieder muss ich das politisch korrekte „(innen)“ hinzufügen, da er gegen Anna Muzychuk remis spielte.

Ich zeige noch den Turnierhöhepunkt von Josefine Heinemann:

Sieg gegen Stewart Reuben in Runde 8 – der Herr hat Elo 1989, da er auch den CM-Titel hat war es wohl mal mehr. Ihr einziger Sieg im gesamten Turnier, dabei hatte sie bis auf GM Cornette zu Beginn nur nominell unterlegene Gegner(innen).

Noch eine Ausnahme zu „Fotos nur von Spieler(innen), die zumindest phasenweise positiv auffielen“, für

Vassily Ivanchuk. Sein Turnier war nicht OK – kein einziger Sieg gegen 2500er und Niederlage gegen GM Santos Latasa kostete 15 Elopunkte, damit ist er nun nicht mehr Mitglied im Club 2700+. Dennoch war im Interview hinterher alles OK (sein Lieblingswort), oder zumindest fast alles: fünf Gegnerinnen in zehn Runden empfand er als etwas viel.

Sein nächstes Turnier ist nach eigener Aussage im März in den USA mit 10 Teilnehmern. Also nicht die US-Meisterschaft – da spielen 12 mit und die USA haben inzwischen genug Ausländer adoptiert: letzter Neuzugang Dominguez, nach aktueller Elo-Logik würde Chucky in der Nationalmannschaft nur das nicht vorhandene sechste Brett bekommen. Sondern wohl der Spring Cup, Turnier etwa vergleichbar mit der Challenger Gruppe in Wijk aan Zee – dazu ist Ivanchuk bereit, da er eben sehr gerne Schach spielt und keine Superturnier-Einladungen mehr erhält?

Zum Abschluss noch ein paar Bilder von der Abschlussfeier, da hat Niki Riga fotografiert:

Es gab diverse Titelnormen. Da Dennes Abel sich offenbar von einer Dame vertreten liess, zeige ich noch einen erfolgreichen Inder: GM-Norm für IM Harsha Bharathakoti, offenbar eine Punktlandung (TPR 2601). Zu verdanken hat er es vor allem Runde 2-4: Sieg gegen Anton Guijarro, Remis gegen Iturrizaga, Sieg gegen Melkumyan – danach bis auf das noch nötige Remis zum Schluss gegen Vocaturo nur Niederlagen gegen GMs (drei) und Siege gegen IMs (zwei).

Navara, Nakamura und So klatschen Beifall für andere – den Herrn links (er)kenne ich nicht. Navara trägt stolz sein Chess Tour Jackett, von den dort verteilten vielen $$$$$ hatte er auch ein bisschen abbekommen. Gibt es nun eine wildcard für Artemiev, im Schnell- und Blitzschach bereits in der top10 vertreten?

Tan Zhongyi hat ihren Pokal.

Artemiev zeigt seinen

und darf/muss dann auch noch eine Rede halten. Nach Elo liegt er nun knapp vor Duda und Wei Yi sowie relativ klar vor den anderen jungen Russen Fedoseev und Dubov, beides eventuell eine Momentaufnahme. Ob es Einladungen einbringt wird sich zeigen, eventuell hat er nächstes Jahr ein Problem: in Wijk aan Zee spielen oder versuchen, seinen Gibraltar-Titel zu verteidigen?

Wie geht es weiter? Nächstes starkes Open ist Aeroflot, allerdings wohl ohne top10 Spieler, eher für diejenigen die sich so für Dortmund qualifizieren wollen/können/müssen. Danach dann die Mannschafts-WM mit u.a. Artemiev im russischen Team.