Man könnte auch sagen: Bei Superbet Rapid and Blitz hatte fast jeder mindestens einen guten Tag, vorne lagen am Ende die konstantesten Spieler. Und auch wenn vergleichsweise unbekannte Spieler ordentlich mitmischten, waren das dann drei etablierte. Gemeint ist natürlich „konstant gut“ – Caruana war auch relativ konstant, aber nicht so wie er selbst und seine Fans sich das vorgestellt hatten. Um das zu illustrieren teile ich die Ergebnisse mal auf nach Schnellturnier sowie Hin- und Rückrunde des Blitzturniers – zwei spielten danach noch zwei weitere Partien:
Aronian 20+1.5 (10+5.5+4.5), Karjakin 20+0.5 (9+5+6), Anand 19.5 (9+4.5+6), Le Quang Liem 19 (8+7+4), Korobov 18.5 (12+4.5+2), Giri 18 (10+3.5+4.5), Artemiev 18 (8+3+7), Mamedyarov 16.5 (10+3.5+3), So 16.5 (6+4.5+6), Caruana 14 (8+4+2). Bis Platz sieben alles dicht beieinander, Details entschieden quasi über Tourpunkte, Preisgeld und auch die Chance auf noch mehr $$$$$ (selbst für Platz vier von vier) im Finale in London. Karjakin hatte als einziger durchgehend mehr als 50%, außer im Stichkampf. Aronian und Anand hatten an einem Tag nur oder immerhin 50%. Spannend war zunächst auch das Duell um den letzten Platz zwischen den beiden Amerikanern – aber dann hatte So eher aus Versehen einen guten Tag, und Caruana einen ganz schlechten.
In der Gesamtwertung waren es quasi sieben plus drei, oder sieben plus zwei plus einer. Im Schnellturnier lag Korobov klar vorne, dann acht recht dicht beieinander, und dann Wesley So. Und im Blitzturnier waren sechs vorne, dann Giri im Niemandsland, dann nochmals drei: Karjakin und Le Quang Liem 11, Anand und So 10.5, Aronian und Artemiev 10, Giri 8, Korobov und Mamedyarov 6.5, Caruana 6.
Anfangs gab es ein Gruppenbild:
Wer ist da fehl am Platz? Korobov steht hier am Rand, später stand er lange im Mittelpunkt. Aronian ist modebewusst und verzichtet als einziger auf das Chess Tour Jackett. Aber doch am ehesten der Herr, der nicht mehr ganz so aussieht wie zu Zeiten, als er oft fotografiert wurde, damals auch generell in anderem Outfit: Boris Becker (vierter von links) zeigte, dass er weiß wie die Schachfiguren ziehen und auch, dass er aus der Grundstellung in drei Zügen mattsetzen kann – wenn der Gegner mitmacht, Caruana war nicht einverstanden und hatte kurz danach ein Erfolgserlebnis.
Und nun hinein ins Geschehen – Partien werde ich nur sporadisch erwähnen, es sind insgesamt zu viele.
Tag 1:
Das ist die Bühne – Super super Superbet wird wenig dezent erwähnt. In Rumänien geht das, eine Wettfirma als Sponsor eines Schachturniers. In Norwegen ginge es nicht, deshalb ist Magnus Carlsen beleidigt. Das gibt es also nicht nur in Deutschland: wenn der oder die Nummer eins im Schach nicht das bekommt, was sie wollen, dann sind sie beleidigt (gemeint ist nicht Nisipeanu).
Kleiderordnung, wenn es denn eine gab, gilt nicht für Korobov – deshalb wird er nochmal individuell fotografiert:
Er ist dann auch anderweitig aufgefallen, jedenfalls weitgehend positiv. Ob er wegen seiner schon zuvor beachtlichen Schnellschach-Elo eingeladen wurde und/oder, weil er eine „Persönlichkeit“ ist, da bin ich überfragt. Er machte seine Sache jedenfalls besser als Jobava, der auch mal bei der Chess Tour mitspielen durfte (Leuven 2017, 0.5/9 im Schnellschach und 2.5/18 beim Blitzen).
Vladislav Artemiev zeige ich auch bereits – auch wenn er erst am letzten Tag seine Klasse zeigen konnte. Aber fotografiert wurde er schon zu Beginn.
Das beste Ergebnis am ersten Tag hatte Anish Giri. Zu Beginn freute Wesley So sich vielleicht schon auf sein Lieblingsergebnis remis, aber Giri erteilte ihm eine Endspiellektion mit Läufer gegen Springer – bzw. am Ende ohne Läufer denn diesen opferte er für Freibauern an beiden Flügeln. Am Ende überspielte er auch Karjakin – mit Schwarz in einem Najdorf-Sizilianer.
Zwei bekannte Spieler (noch bekannter als Giri!?). Gleich in Runde 1 zeigte sich, jedenfalls im Nachhinein, wohin die Reise für beide gehen würde. Caruana opferte schon in der Eröffnung eine Figur – nach bekannten Mustern und Kompensation hatte er. Aber letztendlich hatte er eben eine Figur weniger und verlor die Partie mit Weiß.
Tag 2 war dann der Korobov-Tag –
jedenfalls nachdem er sich aus dem Luxustaxi zum Spielort befreit hatte. Erst zerlegte er mit Weiß Vishy Anand, der etwas sehr optimistisch im 20. Zug einen gegnerischen Bauern auf g6 duldete. Dann ein Remis – wie auch Giri mitten am ersten Tag. Und dann ein glatter Schwarzsieg gegen So – „glatt“ wenn man die Schlusstellung betrachtet, zuvor stand er allerdings mal mehr als verdächtig.
Einmarsch anderer – die Choreographie müssen sie noch üben (der Herr links ist etwas asynchron).
Anand war auf Aronians Hemd vorbereitet. In ihrer ersten Partie lag der Spieler vorn, der am Ende knapp hinten lag.
Vishy wunderte sich, warum Levon bereits aufgab – bei der Münchner Mannschaftsmeisterschaft U14 wurden derlei Stellungen mitunter noch weiter gespielt (gegnerischer Herzinfarkt zwar unwahrscheinlich, aber Patt ist immer noch eine Möglichkeit?).
Giri hatte gegen Artemiev das Nachsehen, schuld war auch hier ein gegnerischer Bauer im 20. Zug. Wie man es macht ist es falsch – Anand hatte mit 20.-f5? auf 20.-fxg6 verzichtet, der gierige Giri entkorkte 20.-Dxb2?. Artemiev dachte sich „kann ich auch!“ – 21.Lxg7! mit vernichtendem Königsangriff (zuvor war dieser Läufer gefesselt).
Auch Le Quang Liem wurde etwas früh fotografiert.
Tag 3:
Wieder ein Foto vorab – Kasimdzhanov, Aronian und Caruana oder „Dresscode, welcher Dresscode?“.
Junge Autogrammjäger kamen auf ihre Kosten – Carlsen, der sich ihnen mitunter verweigert, hat ja nicht mitgespielt. Caruana unterstützt hier Giri, der zuvor auf sich alleine gestellt war.
Artemiev machte das sicher gerne, so oft darf er ja (noch?) nicht
Dito für Korobov
Er genoss auch den Platz auf der Bühne – generell sass er da als erster.
Und auch Interviews – heute drei Remisen, aber das reichte für Platz eins nach dem Schnellturnier. 2.5/3 erzielten zwei andere Spieler – mehr ging nicht, jedenfalls nicht für beide, da sie in der letzten Runde gegeneinander spielten. Gemeint sind
zum einen Karjakin. Zuvor lag Artemiev ja mit Lxg7 richtig, nun erlaubte er fatalerweise 32.-Lxg2 – kein Opfer sondern ein Abtausch, den er mit 32.Lg2? erlaubte, und danach schwächelten seine weissen Felder enorm. Gegen Anand gewann Karjakin ein Damenendspiel, und das Remis zum Schluss war quasi üblich – der andere Held des Tages war
Shak Mamedyarov, er und Karjakin spielen meistens gegeneinander remis.
Gewonnen hat er gegen Giri, der schon wieder schön verlor – diesmal war nicht so klar, wann er den entscheidenden Fehler machte. Und dann auf Umwegen gegen Caruana, der das Gröbste überstanden hatte und dann böse patzte – Springergabel übersehen. Die „neutralen“ offiziellen Kommentatoren quittierten das mit „Ohhhhhhh Nooooooo Fabi!!!“ und waren auch in der nächsten Runde nicht neutral:
Caruana stand gegen Korobov zunächst deutlich schlechter, dann stand er plötzlich besser – „Fabi is winning, we are all cheering for him“. Nach weiteren beiderseits suboptimalen Zügen am Ende „Fabi saved a draw, great!!“ – immerhin etwas nach zuvor drei Niederlagen in Serie. Der Vollständigkeit halber: zuvor drei Siege für den amerikanischen Reimport in Runde 3-5.
Anand war zwar am dritten Tag nicht besonders gut drauf, aber auch bei ihm das (aus meiner Sicht) beste Foto nicht an seinem besten Tag.
Schnellschach war damit vorbei, und damit 3/5 des Turniers nach Tagen, die Hälfte nach Punkten und ein Drittel nach Partien.
Tag 4: Blitzpartien kann ich erst recht nicht ausgiebig besprechen. Das beste Ergebnis am ersten Blitztag hatte Le Quang Liem, dabei war er eher Aasfresser als Raubtier: nichts riskieren, schnell spielen, gegnerische Fehler ausnützen. In der Natur haben Aasfresser auch eine ökologische Funktion, braucht man sie beim Schach? Der Sieger hat immer recht …. . Eine Ausnahme zur Regel gab es: Giri verlor schon wieder schön, nun gegen den Vietnamesen. Le Quang Liem studiert ja in den USA, vielleicht deswegen bekam er schon mehrfach eine Chess Tour Wildcard. Sie wollen auch ihn zum Verbandswechsel motivieren, zumal ihre Eigengewächse Nakamura und Shankland derzeit schwächeln. Genug Text, nun wieder Fotos:
Zuschauerränge nun etwas besser gefüllt.
Einer, wer auch immer, durfte auch auf die Bühne und ein bisschen mitspielen. Ein Mikrofon bekam er auch.
Karjakin sagt seinem Gegner „mach Dich auf was gefasst, ich werde mit allen Figuren an beiden Flügeln angreifen!“. Gegen wen spielte er eigentlich?
Levon Aronian, wer sonst im gelben Hemd? Die Partie passte dann eher nicht zum Vorspiel und endete remis.
Giris Sponsor kann ihm nur ein T-Shirt bieten – stimmt nicht, er hat auch ein optiver-Jackett.
Das T-Shirt Duell gegen Caruana wurde remis – wie die meisten Blitzpartien Giris, was Caruana nicht schaffte.
Wesley So gut gelaunt, war wohl nach einer Remispartie.
Zwischenstand nach vier von fünf Tagen: Korobov 16.5, Aronian 15.5, Le Quang Liem 15, Karjakin 14, Anand, Giri, Mamedyarov 13.5, Caruana 12, Artemiev 11, So 10.5. Caruana also – da Le Quang Liem ja noch Vietnamese ist – bester Amerikaner. Das sollte sich ändern, sonst auch noch einiges.
Tag 5:
Die erste Runde lief noch nach Wunsch für Le Quang Liem, für Korobov demnach nicht. Die Auslosung wollte es so, dass sie danach gegen andere Konkurrenten um den Turniersieg spielten:
Korobov verlor gegen Aronian. Strategisch stand er aus der Eröffnung heraus schlecht – total ruinierte Bauernstruktur. Aber dafür hatte er etas Entwicklungsvorsprung und konnte taktisch remis halten. Vielleicht sah er es nicht, vielleicht wollte er mehr und bekam dann weniger. Parallel verlor Le Quang Liem gegen Karjakin, ebenfalls mit den weissen Figuren.
Dann verlor Le Quang Liem gegen Aronian – im Turmendspiel, wobei schon Eröffnung und Mittelspiel gehaltvoll waren. Korobov verlor gegen Anand, da war bereits im Mittelspiel Schluss.
Aronian (18.5) schien schon fast „durch“ – zwei Punkte Vorsprung auf Anand und Korobov, zweieinhalb auf Karjakin und Le Quang Liem. Von den beiden Außenseitern sollte keine Gefahr mehr drohen, dennoch wurde es noch spannend. Das lag durchaus an Aronian selbst, bei dem es plötzlich gar nicht mehr lief. So konnte Anand ihn fast einholen, obwohl Vishy ab hier nur noch Remis spielte. Zweimal konnte man ihm Absicht unterstellen – mit Weiß gegen Aronian und Karjakin: 15 identische Züge in der Schlafwagen-Variante 5.Te1 gegen die Berliner Mauer, Remisangebot, Gegner einverstanden.
Karjakin hat Anand geholfen und dabei natürlich auch sich selbst geholfen: Schwarzsieg gegen Aronian. Dann Aronians lockeres Schwarzremis gegen Anand, dann Niederlagen gegen die Spieler, die neben Anand und Karjakin am zweiten Blitztag am meisten punkteten. Auf unterschiedliche Art und Weise, das lag auch an den Gegnern. Gegen Artemiev erlitt er mit Weiß Najdorf-sizilianischen Schiffbruch. Insgesamt zeigte Artemiev, dass man auch mit unternehmungslustig-kreativem Spiel 7/9 erzielen kann – ein (so sehe ich es) angenehmer Kontrast zu Le Quang Liem tags zuvor. Dann zelebrierte So gegen Aronian Warteschach, was sollte denn das Läufermanöver Lc3-d2-e1-d2-c3-d2 ? „Ich warte auf einen gegnerischen Fehler!“. Und der kam dann tatsächlich.
Dass So zuvor in 18 Zügen gegen Caruana gewann lag natürlich an Caruana. Und gegen Korobov stand So total verloren und gewann dann – bei Korobov lief es gar nicht mehr, bei Caruana auch nicht.
Stand vor der letzten Runde: Aronian und Karjakin 19.5, Anand 19, usw. . Anand hatte Schwarz gegen Giri, das wurde Staubsaugerschach und Remis nach 22 Zügen. Aronian hatte Schwarz gegen Caruana, der tatsächlich mal nicht verlor – ebenfalls Remis ohne grosse Aufregungen.
Was macht Karjakin gegen Korobov, oder umgekehrt? Das interessierte natürlich auch Aronian. Karjakin erreichte aus der Eröffnung eher weniger als nichts und gewann dann plötzlich eine Qualität – der Rest ist Technik, Spiel, Satz und Turniersieg? Irgendwie wurde es kompliziert – Engines sahen diverse weisse Gewinnwege, Karjakin sah sie nicht. Am Ende gab Korobov Dauerschach, dabei konnte er nun gar forciert mattsetzen.
Für Karjakin war das Glas dennoch eindeutig halb leer, schliesslich verpasste er so die Qualifikation für das $$$$$-Finale in London. Anands Taktieren kann man wohl so erklären-rationalisieren: Er hat noch ein Turnier vor sich, zu Hause in Kolkata, und mit einem Platz im Mittelfeld kann er Vachier-Lagrave (der wie Karjakin in Indien nicht dabei ist) überholen und ist unter den besten vier. Dabei sind auf jeden Fall Carlsen, Ding Liren und auch Aronian. Wie fand Karjakin etwas Trost?
Beim weiblichen Geschlecht, auch wenn seine eigene Frau offenbar nicht vor Ort war, im Gegensatz zur besseren Hälfte von Aronian und
von Giri. Dann mussten er und Aronian aber nochmal Schach spielen, wobei es im Stichkampf nur um den Pokal ging. Preisgeld und Tourpunkte wurden geteilt. Für Karjakin wäre 13 (für den alleinigen Turniersieg) die Glückszahl, 11 war zu wenig.
Sollen wir Schach spielen? Ja, muss wohl sein.
Die zweite Partie, Aronian mit Weiß, Karjakin hat gerade 23.-Lb4 gespielt – richtiges Feld, falsche Figur. Nach 23.-Sb4 hätten sie womöglich noch armageddonisiert, so aber:
Aronian-Karjakin 1-0, insgesamt 1.5-0.5.
Armenische Fans hat Aronian überall.
Und hier steht er selbst im Mittelpunkt.
Dann Zeit für Arianne Caoilli. Das nächste Foto ist – auch wenn es in der Öfffentlichkeit war und anderswo verwendet wurde – für mich zu privat.
Er musste sich auch noch mit anderen Damen fotografieren lassen – hässlich sind sie ja nicht, und Schmerzensgeld gab es außerdem.
Und zum Abschluss noch ein Gruppenfoto – diesmal sieht man auf den ersten Blick, wer da kein Großmeister ist.
Wie geht es weiter? Bei der Chess Tour schon ab dem 22.11. in Kolkata – Nepomniachtchi und Nakamura haben im Vergleich zu Bukarest eine etwas weitere Anreise ab Hamburg und gönnten sich daher eine längere Pause zwischen den Turnieren (Absicht unterstelle ich ihnen nicht).
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